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Peter Liese: Jürgen Rüttgers hat ein echtes Problem angesprochen, Abtreibung wegen spätmanifestierender Erkrankungen durchaus möglich

Pressemitteilung

Brüssel – Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Bioethik der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-ED), Dr. med. Peter Liese, hat NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers gegen Kritik aus der SPD in Schutz genommen. Rüttgers hatte den Entwurf eines Gendiagnostik-Gesetzes kritisiert, da er kein Verbot der Pränataldiagnostik bei spätmanifestierenden Erkrankungen enthält. Insbesondere kritisiert Rüttgers, dass es nach dem Entwurf des Gesetzes möglich sei, eine Abtreibung wegen des Risikos etwa auf Alzheimer durchzuführen. Daraufhin war es zu heftigen Protesten insbesondere von Seiten der SPD aber auch der FDP gekommen.

“Im Kern hat Rüttgers Recht. Die Gefahr, dass Kinder wegen des Risikos einer Erkrankung, die erst im Erwachsenenalter auftritt, abgetrieben werden, ist überhaupt nicht weit hergeholt. Schon heute ist Pränataldiagnostik auch mit der Möglichkeit einer Abtreibung bei sich spät manifestierenden Erkrankungen, wie erblich bedingten Zystennieren oder Chorea Huntington, möglich. Sie wird in Deutschland und im Ausland praktiziert.

Die Gefahr, dass sich dieses Problem in Zukunft ausweitet, ist reell. Es wird eine Vielzahl von genetischen Tests vorhanden sein, die auch das Risiko von Volkskrankheiten wie Herzinfarkt oder Krebs beziffern können. Wenn der SPD-Bundestagsabgeordnete Lauterbach sagt, Rüttgers’ Behauptungen seien absurd und hinzufügt, kein Arzt und kein Krankenhaus würden eine solche Diagnose als Grund für einen Schwangerschaftsabbruch akzeptieren, muss man Lauterbach entgegenhalten, dass er die Zwänge unter denen Ärzte im In- und Ausland stehen, nicht kennt. Leider werden immer wieder Pränataldiagnostik und Abtreibungen bei sich spät manifestierenden Erkrankungen verlangt. Der Gesetzgeber darf sich meiner Ansicht nach hier nicht aus der Verantwortung stehlen. Ähnlich wie beim Thema Spätabtreibungen muss die Politik eine Entscheidung treffen und darf nicht immer nur an die Verantwortung der Ärzte appellieren. An der Freien Universität Brüssel werden Embryonen im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik aussortiert, weil sie ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs tragen. Wenn so etwas heute in Europa möglich ist, kann man nicht so tun, als gäbe es keinen Diskussionsbedarf.

Von erschreckender Unkenntnis zeugt die Aussage von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, es gäbe derzeit keine Tests, die spätere Krankheiten wie Krebs prognostizieren können. Selbstverständlich gibt es schon gut etablierte Tests für dominant-erbliche spätmanifestierende Erkrankungen, wie polyzystische Nierenerkrankungen, Chorea Huntington und viele andere. Auch Tests, die ein gewisses Risiko für Brust- oder Darmkrebs vorhersagen, sind bereits auf dem Markt. Zwar ist ihre Aussagekraft problematisch, aber so einfach wie Ulla Schmidt kann man es sich bestimmt nicht machen. Schmidt kritisiert, dass Rüttgers zu Unrecht einen Automatismus zwischen vorgeburtlicher Untersuchung und Schwangerschaftsabbruch unterstellt. Auch hier kennt Ulla Schmidt die Praxis nicht. Leider gibt es nur in ganz wenigen Fällen eine vorgeburtliche Therapie. Deswegen ist der Zweck einer vorgeburtlichen Untersuchung fast immer, dass im Falle eines Hinweises auf die Krankheit, eine Abtreibung stattfindet. Dies zu verschleiern, ist unverantwortlich und führt dazu, dass Frauen Pränataldiagnostik durchführen lassen und sich dem entsprechenden Risiko aussetzen, obwohl für sie eine Abtreibung nicht in Betracht kommt.

Richtig ist natürlich, dass das Problem der Abtreibung bei spätmanifestierenden Erkrankungen nicht durch das Gesetz hervorgerufen wird. Das Gesetz schlicht abzulehnen, ist keine Lösung. Dringend erforderlich sind die genetische Beratung vor und nach dem Test und ein besserer Schutz gegenüber Versicherungen und Arbeitgebern. Daher muss man am Ende politisch abwägen, ob der Schaden größer ist, wenn man das gesamte Vorhaben ablehnt oder wenn man einem nicht perfekten Gesetz zustimmt. Da aber auch die Grünen ein Verbot der Pränataldiagnostik für spätmanifestierende Erkrankungen fordern und die Frage sicherlich eine Gewissensentscheidung erfordert, kann die Koalitionsdisziplin allein kein Grund sein, eine sinnvolle Forderung nicht zu übernehmen.

Das Europäische Parlament fordert seit langem auch Mindeststandards im Bereich der DNA-Diagnostik auf europäischer Ebene einzuführen. Im Moment scheitert die Einführung am Widerstand von Kommission und Ministerrat. In jedem Fall wird es allerdings keine umfassende Regelung geben, sodass die Verantwortung des nationalen Gesetzgebers bestehen bleibt”, so Liese.