Brüssel – Schärfere Kontrollen in Indien und anderen Drittstaaten gefordert / Klinische Prüfungen unter strengen Bedingungen unverzichtbar
„Auch heute noch gibt es zweifelhafte Arzneimitteltests am Menschen“, darauf machte der gesundheitspolitische Sprecher der größten Fraktion (EVP Christdemokraten) Dr. med. Peter Liese anlässlich der Diskussion um den Pharmaskandal in der ehemaligen DDR aufmerksam.
Nach übereinstimmenden Berichten von Medien und Nichtregierungsorganisationen werden beispielsweise in Indien immer noch viele Menschen im Rahmen von Arzneimitteltests von Pharmafirmen behandelt, ohne dass sie vollständig aufgeklärt werden. Im Falle von Gesundheitsschäden wird oft keine ausreichende medizinische Versorgung sichergestellt. Es wird beispielsweise berichtet, dass in Indien hunderte von Mädchen ohne Zustimmung ihrer Eltern in eine Studie zu Immunisierung aufgenommen wurden. Sieben Mädchen starben bei der Durchführung.
„Die Europäische Union muss sich hier stärker engagieren. Schon nach dem bestehenden Recht dürfen Medikamente in Europa nur dann zugelassen werden, wenn bei den Tests (Klinischen Prüfungen) die gleichen Standards gelten wie in der Europäischen Union. Bisher wurde diese Vorschrift aber nicht ausreichend umgesetzt. In dem Verordnungsvorschlag für Klinische Prüfungen, der seit Juli letzten Jahres vorliegt und der gerade im zuständigen Ausschuss des Europäischen Parlaments diskutiert wird, hat die Kommission nun vorgeschlagen, alle Klinische Prüfungen, auch die in Drittstaaten, registrieren zu lassen, wenn sie in Europa zur Zulassung herangezogen werden sollen. „Die Nichtzulassung eines Medikamentes für den europäischen Markt ist ein sehr scharfes Schwert, aber wahrscheinlich muss man dieses Instrument einmal einsetzen, um wirklich Abhilfe zu schaffen“, so Liese.
Er forderte eine vollständige Aufklärung des Skandals in der ehemaligen DDR und verlangte auch die damals zuständigen Behörden im Westen in die Untersuchung einzubeziehen. „Bei den Pharmaunternehmen arbeiten Menschen. Sie sind nicht am Leid der Patienten interessiert, aber stehen unter einem enormen wirtschaftlichen Druck, daher müssen die Regeln klar und die Kontrollen streng sein. Durch Verletzung ethischer Regeln darf es keinen Wettbewerbsvorteil geben.
Arzneimitteltests am Menschen sind notwendig, um neue Medikamente zu erforschen und bei bestehenden Medikamenten zusätzliche Erkenntnisse zu gewinnen. Wenn sie unter strengen Regeln stattfinden, nützen sie auch den betroffenen Patienten. Diese strengen Regeln dürfen aber keinesfalls relativiert werden. Deswegen setze ich mich dafür ein, dass in der Europäischen Union, wie bisher, eine unabhängige Ethikkommission jeden Test genehmigen muss. Dies ist auch wichtig mit Blick auf die Drittstaaten. Denn wie können wir die Einhaltung strenger Standards in Indien fordern, wenn sie in Europa nicht mehr vorgeschrieben ist“, so Liese abschließend.