Mehr Reichweite im Gesundheitsmarkt

Schließen

Registrierung

Melden Sie sich noch heute an, um gezielt und effektiv Ihre Nachrichten in der Gesundheitsbranche verbreiten zu können.

Kontoinformationen

Ansprechpartner:in

Adresse

Kontakt

Es wurde eine E-Mail zur Bestätigung an Sie gesendet. Nach der Bestätigung sind Sie erfolgreich registriert.


Peptid vermittelt das Lernen
Bildung neuer Nervenzellen im Hippocampus der Maus. DBI (Diazepam binding inhibitor) ist rot gefärbt, die beiden Stammzellmarker Nestin und SOX2 sind grün und cyanblau markiert. © Ionut Dumitru, DKFZ

Peptid vermittelt das Lernen

Pressemitteilung

Heidelberg – Um sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen, produziert das Gehirn auch im Erwachsenenalter neue Nervenzellen. Diese jungen Neuronen sind zentral für die Gedächtnisbildung und das Lernen. Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum und dem Universitätsklinikum Heidelberg haben nun an Mäusen entdeckt, dass ein kleines Peptid dabei die Vermittlerrolle spielt. In Reaktion auf einen äußeren Reiz wie etwa eine abwechslungsreiche Umgebung steigert das Vermittler-Peptid die Vermehrung von Nerven-Stammzellen und Nerven- Vorläuferzellen.

Die Fähigkeit des Gehirns, auf Veränderungen zu reagieren und sich diesen anzupassen, bezeichnen Wissenschaftler als Plastizität. Diese Fähigkeit ist die Grundlage aller Lernprozesse. Einen wesentlichen Beitrag dazu leisten neue Nervenzellen, die auch beim Erwachsenen in bestimmten Bereichen des Gehirns entstehen können.

„Wir wussten aber bisher nicht, über welche molekularen Prozesse veränderte Umweltbedingungen in die Produktion neuer Nervenzellen übersetzt werden“, erklärt Hannah Monyer, Leiterin der Kooperationsabteilung Klinische Neurobiologie des Deutschen Krebsforschungszentrums und des Universitätsklinikums Heidelberg. „Mit unserer aktuellen Arbeit haben wir erstmals einen wichtigen Vermittler in diesem Prozess gefunden.“

Monyer und ihr Team zeigten mit ihrer aktuellen Arbeit, dass das kleine Peptid DBI der entscheidende Vermittler ist. Der Name DBI steht für Diazepam binding inhibitor: Das Peptid wurde zunächst entdeckt, weil es an den Rezeptor für den Hirnbotenstoff GABA bindet und dort das Medikament Diazepam (Valium) verdrängt.

Bereits vor kurzem hatten Monyer und ihre Kollegen publiziert, dass DBI in der so genannten subventrikulären Zone des Gehirns die Nerven-Neubildung ankurbelt. Dieses Gehirnareal ist zuständig für den Nerven-Nachschub im Riechsystem, das bei Nagetieren extrem fein ausgebildet ist. In ihrer aktuellen Arbeit zeigt die Heidelberger Neuroforscherin, dass DBI dieselbe Funktion auch im Hippocampus ausübt – also in derjenigen Region im Gehirn, in der die Gedächtnisbildung und das Lernen verortet sind.

Neue Nervenzellen, die im Hippocampus entstehen, verbessern die Orientierung und das Lernvermögen der Tiere. Zahlreiche Forschungsarbeiten haben bereits belegt, dass körperliche Aktivität oder aber eine abwechslungsreiche Gestaltung ihrer Umgebung bei Mäusen die Nerven-Neubildung im Hippocampus anregen.

Mit verschiedenen genetischen Methoden schalteten die Forscher um Monyer nun das DBI- Gen gezielt in dieser Gehirnregion der Mäuse aus oder aber kurbelten es besonders an. Ohne DBI ging im Hippocampus die Zahl an Nerven-Stammzellen zurück. Eine Überversorgung mit dem Peptid bewirkte das Gegenteil, die Wissenschaftler fanden mehr Nerven-Stammzellen und Vorläuferzellen.

Die Ausstattung der Käfige mit Spielzeug ist eine etablierte Methode, um bei Nagern die Bildung neuer Nervenzellen im Hippocampus anzuregen. Doch bei Mäusen, deren DBI-Gen im Hippocampus mit molekularbiologischen Tricks ausgeschaltet war, konnte die anregende Umgebung nichts ausrichten: Die Zahl der Nerven-Stammzellen ließ sich nicht steigern.

DBI übt seine Wirkung aus, indem es in den Nerven-Stammzellen an den Rezeptor für den Hirnbotenstoff GABA bindet und dadurch als molekularer Gegenspieler des Neurotransmitters wirkt. „GABA sorgt dafür, dass die Stammzellen in ihrer Nische ruhig schlafen, ohne sich zu teilen. Kommt DBI ins Spiel, vermehren sie sich und vergrößern dadurch den Stammzell-Pool, der als Reservoir für junge Nervenzellen zur Verfügung steht“, erklärt Ionut Dumitru, der Erstautor der Arbeit. „Wir haben offensichtlich mit DBI den zentralen Vermittler gefunden: Das Peptid dämpft die Wirkung von GABA und koppelt dadurch die Umweltreize mit der Produktion der zum Lernen notwendigen neuen Nervenzellen.“

Ionut Dumitru, Angela Neitz, Julieta Alfonso und Hannah Monyer: Diazepam Binding Inhibitor Promotes Stem Cell Expansion Controlling Environment-Dependent Neurogenesis. Neuron 2017, DOI: 10.1016/j.neuron.2017.03.003

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.