Berlin – Wird das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) ab 1. Januar nächsten Jahres in seiner jetzigen Form umgesetzt, ist für AOK-Versicherte in 2011 möglichen Fällen Verunsicherung über ihr Arzneimittel vorprogrammiert. Dies ist das Ergebnis einer Datenbankanalyse, mit der die Medizinische Medien Informations GmbH (MMI) im September 2010 diejenigen 143 Wirkstoffe untersucht hat, für die derzeit ein AOK-Rabattvertrag besteht.
Hintergrund ist, dass Apotheker zukünftig dazu verpflichtet sein sollen, das vom Arzt verordnete Medikament durch ein Rabattarzneimittel selbst dann auszutauschen, wenn nur eine Indikation bei beiden Präparaten gleich ist. Unter Indikationen verstehen Fachleute Krankheiten, für deren Behandlung ein Arzneimittel zugelassen ist. Stimmen diese nicht überein, kann es vorkommen, dass ein Patient in der Apotheke ein Präparat bekommt, in dessen Packungsbeilage er weder Informationen über seine eigene Krankheit noch die entsprechenden Dosierungsanleitungen oder Wechselwirkungen findet.
Der Wirkstoff Doxazosin ist ein gutes Beispiel: Er kann sowohl für die Behandlung von hohem Blutdruck (Hypertonie) als auch zur Therapie einer Prostatavergrößerung eingesetzt werden. Allerdings sind nicht alle Doxazosin-Arzneimittel für die Hypertoniebehandlung zugelassen. Wird beispielsweise einer AOK-versicherten Patientin der Wirkstoff zur Therapie ihres Bluthochdrucks verordnet, kann sie in der Packungsbeilage des Rabattarzneimittels zwar viel über Prostata, aber nichts über Hypertonie lesen. Der Dresdner Pharmakologe Prof. Dr. Dr. Wilhelm Professor Kirch befürchtet, dass solche Patientinnen das Medikament mangels Informationen über- bzw. unterdosieren oder aufgrund der Verunsicherung sogar überhaupt nicht mehr einnehmen und die Therapie abbrechen.
Doxazosin ist zwar ein besonders hervorstechendes Beispiel, aber beileibe kein Einzelfall. Denn laut der Datenbankanalyse des MMI stimmen die Indikationen bei 101 Wirkstoffen nicht überein. Konkret betrifft das 2011 Arzneimittelpackungen mit unterschiedlichen Größen und Wirkstärken. Bislang hatten die Kassen behauptet, die Indikationsunterschiede kämen nur in Einzelfällen vor. Davon kann nach der MMI-Analyse nicht mehr die Rede sein.