Heppenheim – Als skurrile Wortgefechte sieht die Deutsche Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP) die Bundestagsdebatte um die Gesundheitspolitik. Hinter der Diskussion um den Moloch des Gesundheitsfonds werde vergessen, dass der zentrale Verlierer der Reform bereits feststeht, stellte DGVP-Präsident Candidus fest: “Der Patient ist bereits auf der Strecke geblieben. Die Beiträge zur Krankenversicherung steigen, steigen, steigen Die Zusagen der Politik konzentrierten sich dagegen auf sinkende oder wenigstens stabile Beiträge Den Patienten wird versichert, die Leistungen für Sie würden verbessert – dabei werden ihnen bereits seit längerem Leistungen verweigert, auf die sie einen Rechtsanspruch haben. Chronisch Kranke werden in Behandlungsprogramme genötigt, deren bürokratischer Aufwand mitunter in keinem Verhältnis zum Erfolg steht – lehnen sie das ab, müssen sie zahlen. Die Kosten-Nutzen-Abwägung bei Arzneimitteln wird an so hohe Hürden geknüpft, dass der medizinische Fortschritt ausgebremst wird. Künftig wird es noch länger als bisher dauern, bis ein medizinischer Durchbruch auch in der Behandlung des Kassenpatienten ankommt. Im Gemeinsamen Bundesausschuss, der die Patienten im Namen führt, sitzen “weisungsunabhängige Hauptamtliche”, die von der Regierung sorgfältig auf ihre “Eignung zum Unabhängigen” untersucht wurden. Weiterhin sind die Patientenvertreter “ruhig gestellt”: sie dürfen mitberaten, aber nicht mitentscheiden. Pauschale Honorierungssysteme für die Ärzte sind nicht an Qualitätsstandards gekoppelt – weniger Leistung bringt dem Arzt mehr Geld. Über Bonussysteme wird der Arzt belohnt, der Kosten senkt, nicht derjenige, der Patienten heilt. Was zur Qualitätssicherung gehört, wird auch künftig ohne den Patienten bestimmt – Patient heißt eben immer noch “geduldig ertragen”. Mit dem Gesundheitsfonds soll mehr Transparenz des Gesundheitssystems verkauft werden, wo Undurchschaubarkeit nun noch mehr als bisher das Regiment übernimmt.” Unabhängig von all diesen Punkten, hat die Debatte nach Einschätzung des DGVP-Präsidenten ein weiteres Opfer erlegt: die politische Kultur. Seit langem geht es in der Debatte um die Gesundheitspolitik und um Gesundheitsreformen nicht mehr um die sachgerechte Lösung eines klar definierten Problems. Die Gesundheitsreform ist zum Tummelplatz von Lobbyinteressen verkommen. Inzwischen wird offen diskutiert, dass die verabschiedeten Gesetze zur Gesundheitsreform am besten vollständig in den Papierkorb gehören oder allenfalls bis zum Ende der jetzigen Koalitionsregierung taugen. Expertengutachten sind grundsätzlich diskreditiert und werden in der öffentlichen Debatte allesamt als “Gefälligkeitsgutachten” abgewertet. Ministerpräsidenten liefern sich Zahlenschlachten, die lediglich der eigenen Profilierung dienen und gar nichts mehr mit dem eigentlichen Thema zu tun haben.