Bodenheim – Die von Bundesjustizminister Heiko Maas angekündigte aktive Rolle Deutschlands bei der Ausgestaltung der EU-Patentgerichtsbarkeit begrüßt Dr. Heiner Flocke, Vorsitzender des patentverein.de e.V. Insbesondere fordert der mittelständische Verband aber die Ausnutzung des Spielraums der Neugestaltung des Patentwesens auf EU-Ebene. Konkret bedeute dies beispielsweise, dass die Gerichte nicht nur mit Juristen besetzt sind, sondern auch technischer Sachverstand bei jedem EU-Patentgerichtssitz eingeführt wird. Außerdem hofft der Verband, dass sich die bis dato nicht unterzeichnenden Länder Italien und Spanien noch der europäischen Harmonisierung anschließen. Denn sonst wäre dies eben kein europäischer Schulterschluss, denn verschiedene Patentgesetzbarkeiten stünden dann nebeneinander und würden für Patentanmelder und Unternehmen alles wesentlich komplizierter machen.
Im Rahmen des Parlamentarischen Abends des Bundesverbands Deutscher Patentanwälte am 19. März 2014 in Berlin hatte der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, Heiko Maas, seine Rede gehalten. Bundesminister Maas äußerte sich zur derzeit in Arbeit befindlichen Verfahrensordnung: „Sie ist die erste paneuropäische Prozessordnung, die Elemente beider Rechtstraditionen verknüpft: der kontinentaleuropäischen und der angelsächsischen. Deutschland bringt sich aktiv in die vorbereitenden Arbeiten ein und hat den Vorsitz in der maßgeblichen Arbeitsgruppe übernommen.“
Zum Hintergrund:
Im März 2013 unterzeichneten die meisten EU-Mitglieder das europäische Übereinkommen „Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung“ (kurz „EU-Patent“). Das Paket aus Verordnung und Übereinkommen wird erst in Kraft treten, wenn Deutschland, Großbritannien, Frankreich und zehn weitere der teilnehmenden Staaten das Übereinkommen ratifiziert haben. Spanien nimmt weder an dem Übereinkommen noch an der Verordnung teil. Italien will an dem Übereinkommen zum Einheitlichen Patentgericht, nicht aber an der Verordnung zum EU-Patent teilhaben. Deutschland bereitet die gesetzlichen Grundlagen dafür voraussichtlich zum Herbst 2014 vor.
Paris soll Hauptsitz des Einheitlichen Patentgerichts mit weiteren Außenstellen – in Deutschland Düsseldorf, Hamburg, Mannheim und München – werden. Die Berufungsinstanz wird voraussichtlich in Luxemburg sein.
Das EU-Patent würde bedeuten, dass das Schutzrecht für eine Erfindung für alle teilnehmenden Mitgliedstaaten der Europäischen Union gilt. Gleichzeitig bleibt aber das System der Bündelpatente auf Basis des Europäischen Patentübereinkommens und die einzelstaatlichen Patentsysteme der Mitgliedstaaten bestehen. Anmelder sollen wählen können zwischen dem neuen EU-Patent, dem bestehenden EP-Bündelpatent und der nationalen Anmeldung, z.B. beim DPMA (Deutsches Patent- und Markenamt).
Der patentverein.de begrüßt, dass das einheitliches Patentgericht die Möglichkeit haben soll, die Frage der Rechtmäßigkeit des Patents im Verfahren über die Patentverletzung durch Hinzuziehung eines technischen Richters zu prüfen. Bedauerlicherweise ist das Paket aus Verordnung und Übereinkommen aber mit schwerwiegenden Mängeln behaftet. Vor allem fehlen dem Übereinkommen detaillierte Verfahrensregelungen für das zukünftige Einheitliche Patentgericht. Insbesondere bleibt ungeregelt, wann das Gericht den Verletzungsprozess zugunsten einer Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Patenterteilung aussetzen bzw. einen technischen Richter zur Entscheidung hinzuziehen muss. Weiterhin fehlt es dem „Patent mit einheitlicher Wirkung“ gerade an dieser einheitlichen Wirkung für die ganze EU, da Spanien und Italien nicht teilnehmen. Auch die Kosten der Anmeldung sind noch nicht abschließend geklärt.