Düsseldorf – Seit der letzten Gesundheitsreform werben Gesetzliche Krankenkassen mit Rückerstattungen von Beiträgen und Selbstbehalten um Mitglieder: Versicherte können hierbei ihren Standardschutz mit Hilfe so genannter Wahltarife bei vielen Kassen individuell variieren. Die neuen Tarife, etwa Kostenerstattung oder Hausarztmodell, sollen den Wettbewerb der Krankenkassen erhöhen und gleichzeitig für die Versicherten attraktiv sein. Von der neuen Wahlfreiheit machen Verbraucherinnen und Verbraucher bislang jedoch nur zögerlich Gebrauch. Zu unübersichtlich und sperrig ist bislang das Angebot. Wer wirklich sparen und sich für den passenden Wahltarif entscheiden will, sollte sich mit der Materie vertraut machen und einen Tarif seiner Wahl auf Herz und Nieren prüfen, rät die Verbraucherzentrale NRW zum vorherigen Check und Vergleich. Denn bei einer Vereinbarung sind Versicherte drei Jahre an die jeweilige Krankenkasse gebunden. In vielen Fällen lohnt sich deshalb statt der Wahl eines neuen Tarifs eher der Wechsel in eine günstigere Kasse. Für eine sichere Navigation durch die Tariflandschaft sind weitere Hinweise hilfreich:
Selbstbehalt und Beitragsrückerstattung: Beide Modelle belohnen Versicherte, die nicht oder wenig zum Arzt gehen. Beim Selbstbehalt bekommen Versicherte einen Bonus von bis zu 600 Euro im Jahr, müssen aber bei notwendigen Arztbesuchen in jedem Fall einen festgelegten Teil der Kosten selbst tragen. Bei einem Tarif mit Beitragsrückerstattung entstehen dagegen keine direkten Kosten. Werden keine Leistungen in Anspruch genommen, gibt es ebenfalls eine Prämie, fallen ärztliche Leistungen an, entfällt diese. Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten oder Schutzimpfungen fallen dabei nicht ins Gewicht. Doch Wahltarife mit Selbstbehalt oder Beitragsrückerstattung rechnen sich nur für Personen, die über eine stabile Gesundheit verfügen. Patienten, die regelmäßig zum Arzt müssen etwa chronisch kranke und alte Menschen zahlen bei diesen Tarifen eher noch drauf.
Kostenerstattung: Versicherte können beim Arzt, Zahnarzt oder im Krankenhaus zum Teil gegen Aufpreis künftig wie Privatpatienten behandelt werden, wenn sie einen Tarif mit Kostenerstattung wählen. Allerdings sind die Krankenkassen nicht verpflichtet, den vollen Kostenanteil zu übernehmen. Kunden sollten deshalb vor der Wahl eines solchen Tarifs unbedingt verschiedene Angebote vergleichen. Abgerechnet wird auf Privatbasis: Die Patienten müssen in Vorkasse treten und erhalten von der Kasse nur den vereinbarten Satz zurück. Die Kassen müssen weder anfallende Mehrkosten übernehmen noch im Vorfeld auf das finanzielle Risiko bei privater Abrechnung hinweisen.
Kassenwechsel: Wer sich für einen Wahltarif entscheidet, bindet sich doppelt solange an seine Krankenkasse als bei einem Kassenwechsel üblich nämlich drei Jahre statt 18 Monate. Die Mitgliedschaft kann nicht vorher gekündigt werden, auch nicht, wenn eine Krankenkasse ihre Beiträge erhöht. Wer in eine günstigere Kasse wechselt, statt sich für einen Wahltarif zu entscheiden, kann vielfach mehrere hundert Euro sparen. Allerdings sollten bei einem Wechsel nicht allein finanzielle Aspekte im Vordergrund stehen. Im Krankheitsfall sind eine gute Erreichbarkeit und kompetente Beratung sehr wichtig.
Besondere Versorgungsformen: Für Patienten, die eine maßgeschneiderte Behandlung wünschen, bieten sich die so genannten besonderen Versorgungsformen an. Chronisch Kranke etwa können an einem speziellen Behandlungsprogramm, zum Beispiel für Diabetiker oder Asthmatiker, teilnehmen. Wer grundsätzlich eine bessere Versorgungsqualität möchte, für den bietet sich das Hausarztmodell an. Hierbei schlüpft der Hausarzt in die Rolle eines Lotsen, der seine Patienten bei Bedarf an bestimmte Fachärzte überweist und trotzdem die Behandlung stets im Blick behält. Die Wahl eines Tarifs mit einem besonderen Extra wird durch allerlei Vergünstigungen weiter versüßt etwa durch gekürzte Zuzahlungsgebühren oder Streichen der Praxisgebühr. Die Wahltarife für besondere Versorgungsformen sind nicht an eine dreijährige Bindungsfrist geknüpft. Trotzdem sollten Interessenten vor einer Entscheidung prüfen, welche Hürden im Kleingedruckten der Tarife versteckt sind meist gilt zum Beispiel eine Bindungsfrist von einem Jahr.
Ausführliche Information zu den Vor- und Nachteilen der neuen Tarife enthält auch der Flyer Wahltarife der Krankenkassen erstellt mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Es ist kostenlos unter http://www.vz-nrw.de oder bei den 17 lokalen Gesundheitsberatungen der Verbraucherzentrale NRW erhältlich. Letztere bieten vor Ort eine unabhängige Beratung zum Krankenkassenwechsel. Adressen und Kosten sind im Internet unter http://www.vz-nrw.de nachzulesen.