Berlin – Zum Tag der Organspende am 2. Juni erklären Elisabeth Scharfenberg, pflegepolitische Sprecherin, und Birgitt Bender, gesundheitspolitische Sprecherin:
Erfreulicherweise steigt in Deutschland die Zahl an Organspenden. Dennoch werden mehr Organe benötigt als gespendet werden. Die Forderung des Nationalen Ethikrates nach der Verankerung einer Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz ist jedoch der falsche Weg. Für uns steht das Selbstbestimmungsrecht der Bürgerinnen und Bürger – auch über das Lebensende hinaus -an erster Stelle. Wir plädieren deshalb für die Beibehaltung der erweiterten Zustimmungsregelung.
70 Prozent der Deutschen stehen der Organspende positiv gegenüber. Nur 12 Prozent jedoch besitzen einen Organspendeausweis. Hier lässt sich viel Potenzial heben. Alle Akteure, so auch Politik, Ärzteschaft, Kliniken und Krankenkassen, sind aufgefordert, ihren Beitrag für ein positiveres Klima ‘pro Organspende’ zu schaffen. Über den Weg der Aufklärung müssen Ängste behutsam abgebaut und mehr Menschen überzeugt werden, einen Organspendeausweis anzulegen – ganz gleichgültig ob sie darin ihre Zustimmung oder Ablehnung zum Ausdruck bringen. Die zu Recht umstrittene TV-Show in den Niederlanden, in der drei Dialysepatienten um eine Spenderniere wetteifern, ist diesem Ziel mit Sicherheit nicht zuträglich.
Nach dem Vorschlag des Nationalen Ethikrates sollen jene, die einer Organspende nicht ausdrücklich widersprechen, automatisch als Spender gelten. Der internationale Vergleich zeigt jedoch, dass auch das Widerspruchsverfahren nicht automatisch zu mehr Organspenden führt. Irland weist bei einer erweiterten Zustimmungslösung mit 21,1 Spendern pro eine Million Einwohner eine höhere Quote auf als Ungarn mit 16,1, wo die Widerspruchslösung praktiziert wird.
Wir halten die Optimierung der derzeitigen Strukturen für vordringlich, um die Zahl der Organspenden und Transplantationen zu erhöhen. Was nützt die Widerspruchslösung, wenn ein potenzieller Organspender von der Klinik vor Ort nicht an die Koordinierungsstelle gemeldet wird oder die Refinanzierung der Organentnahme nicht gesichert scheint? Hier besteht Handlungsbedarf, etwa über eine Konkretisierung der Meldepflicht im Transplantationsgesetz oder über die Förderung der Zusammenarbeit aller Akteure.
Dass es schon heute anders geht, beweist das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Dort wird durch professionelle Strukturen und sehr hohes Engagement insbesondere der Deutschen Stiftung Organspende (DSO) eine Quote von 25,9 Spendern pro einer Million Einwohner erreicht – ohne Widerspruchslösung. Auch in Spanien sind die weltweit höchsten Spenderzahlen nicht auf die dort geltende Widerspruchslösung zurückzuführen, sondern auf eine sehr gute Koordinationsarbeit und eine finanziell gute Ausstattung des Systems.