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Nierenlebendspende: Im Prozess gegen Charité entlässt Berliner Gericht renommierten Gutachter

Pressemitteilung

Berlin – Im Jahre 2018 spendete eine Frau ihrer nierenkranken Schwester eine Niere. Doch der Eingriff in der Berliner Charité verlief nicht wie geplant. Bei der minimalinvasiven Nierenentnahme erlitt sie erhebliche Verletzungen, die sie aufgrund innerer Blutungen in akute Lebensgefahr brachten. Nur eine Not-Operation rettete ihr das Leben. Aufgrund der ausweichenden Erklärungen der Mediziner (ihre Gefäße seien außergewöhnlich dünn) ist die ehemals sehr selbstbewusste Leistungssportlerin bis heute erheblich traumatisiert.

Da die Betroffene davon überzeugt ist, dass die Operateure fehlerhaft handelten, hat sie 2020 Klage beim Landgericht (LG) Berlin (AZ 13 O 25/20) gegen die Charité und die beteiligten Ärzte eingereicht.

Das LG Berlin beauftragte einen renommierten, in der Fachwelt hoch angesehenen Transplantationsmediziner (Ordinarius und Klinikdirektor an einem großen deutschen Universitätsklinikum) mit der Erstellung eines Gutachtens zu den vorgehaltenen Arztfehlern. Die Klägerin stellte einen Befangenheitsantrag gegen den Gutachter. Denn zum einen äußerte sich dieser entgegen dem ausdrücklichen Auftrag des Gerichts zur angeblich vollständig erfolgten Aufklärung, zum anderen lobte er das Operations-Team mehrfach in nahezu peinlicher Art und Weise als eines der erfahrensten in Deutschland und unterließ jedwede Stellungnahme zum Eingriff selbst.

Diesem Befangenheitsantrag gab das LG Berlin statt und entband den Gutachter von seiner Aufgabe. Ein Desaster für den renommierten Transplantationsmediziner.

„In den zahlreichen von uns begleiteten Zivil- und Sozialprozessen werden beschädigte Nierenlebendspender nahezu ausschließlich mit Gerichtsgutachtern konfrontiert, die häufig einseitigen Kollegenschutz betreiben und nicht vor Falschaussagen und Faktenverbiegen zurückschrecken. Diese Abberufung sollte auch eine Warnung an die mit Gutachten beauftragten Mediziner sein, stets faktenbasiert ein interessenfreies Gutachten zu erstatten. Die Studienlage zu den möglichen Folgen einer Nierenlebendspende ist eindeutig und u. a. auf unserer Webseite einsehbar“, so der 1. Vorsitzende der Interessengemeinschaft Nierenlebendspende e. V. (IGN e. V.) Ralf Zietz.

Durch die IGN e. V. wurde die Klägerin zudem auf erhebliche Aufklärungsfehler vor der Nierenspende aufmerksam. So wurde fälschlicherweise ein Aufklärungsbogen für die Entnahme einer kranken Niere verwendet. Spenderspezifische Risiken kamen kaum zur Sprache. Weder die Möglichkeit eines erhöhten Blutdrucks, noch das Fatigue-Syndrom oder die durch Studien belegte verkürzte Lebenserwartung und das erhöhte Dialyserisiko. Nach dem Verständnis der Nierenspenderin wurden zudem Risiken stark verharmlost.

Für Ralf Zietz völlig unverständlich, da angenommen werden muss, dass die aufklärenden Mediziner der Charité von einer aus ihrem Haus 2016 veröffentlichten Studie Kenntnis hatten, in der bis zu 17 % der Nierenlebendspender an der Charité dauerhaft an einem „Fatigue-Syndrom“ erkrankten. Ein Teil der an der Spende beteiligten Ärzte waren Autoren dieser Studie.

Kommentar von Ralf Zietz: „Dies ist ein weiteres sehr trauriges Beispiel dafür, dass viele Transplantationsmediziner völlig fahrlässig mit der Gesundheit von Nierenlebendspendern umgehen. Leider ist das kein Einzelfall. Vor dem Hintergrund unserer inzwischen über zehnjährigen Erfahrung mit dem Thema, muss man leider festhalten, dass die Aufklärung über die Risiken der Nierenlebendspende häufig nach wie vor unzureichend, fehlerhaft oder manchmal sogar bewusst falsch ist. In meinem Vortrag beim Bundesministerium für Gesundheit im Juni 2021 habe ich über die wesentlichen aufzuklärenden Risiken berichtet. Zukünftig sollte aber das BGH-Urteil von 2019 zur Aufklärungspflicht bei Organlebendspenden den Betroffenen helfen ihr Recht zu erhalten. Erfreulicherweise hat gerade das OLG Hamm im Zuge eines Vergleichs einer anderen beschädigten Nierenlebendspenderin 100.000 € für die erlittenen Schäden zugesprochen.“

Die Klägerin im vorliegenden Fall leidet durch den Eingriff ebenfalls an einem „Fatigue-Syndrom“, einer schweren chronischen Erschöpfung, verbunden mit früher Ermüdung nach körperlichen und geistigen Belastungen und Konzentrationsstörungen, sowie einer eingeschränkten Merkfähigkeit. Ihrer beruflichen Tätigkeit kann sie nur noch zu 50 % nachgehen.

Rechtliche Auskünfte zur Klage erteilt Herr Rechtsanwalt Konstantin Weinholz, Fachanwalt für Medizinrecht, Kanzlei Fachanwälte am Olivaer Platz, Olivaer Platz 16, 10707 Berlin, Tel.: 030-2084-9645-0.

Allgemeine Auskünfte zu den Risiken einer Nierenlebendspende erteilt Herr Ralf Zietz, 1. Vorsitzender der Interessengemeinschaft Nierenlebendspende e. V., Georgenstraße 35, 10117 Berlin, Tel.: 030 39401130.