Thedinghausen – Willi Germund, Journalist und Ostasien-Korrespondent, veröffentlicht ein Buch “Niere gegen Geld”. Er hat sich die Niere eines Afrikaners gekauft. Völlig fassungslos macht der Umstand, dass Herr Germund aus seinem Verhalten nun in Form eines Buches und medialer Aufmerksamkeit (z. B. bei “Markus Lanz” am 15.01.2015 im ZDF) scheinbar noch weitere Vorteile ziehen möchte.
Prof. Dr. med. Karl-Walter Jauch, Direktor der Chirurgischen Klinik und Poliklinik am Universitätsklinikum Großhadern, München und Plenarmitglied der Bundesärztekammer bedauert in diesem Zusammenhang unter stern.de “Darf man Organe verkaufen” vom 29.01.2015, dass in Deutschland eine offene Diskussion über finanzielle Anreize überhaupt nicht stattfindet. Er verweist auf den Iran, in dem Menschen seit 1988 ihre Organe legal verkaufen können.
Die Studie “Quality of life in Iranian kidney “donors” aus 2001 von Zargooshi J., Department of Urology, Kermanshah University of Medical Sciences, Kermanshah, Iran” kommt u. a. zu folgenden Ergebnissen:
- 80 % der Spender/Verkäufer waren mit der postoperativen physischen Ausdauer unzufrieden.
- Den allgemeinen Gesundheitszustand nach der Nierenentnahme gaben 58 % der Nierenverkäufer mit sehr negativ an.
- 85 % der Spender/Verkäufer würde ihre Niere mit Sicherheit nicht mehr verkaufen
- 76 % würden potentiellen Nierenverkäufern dringend davon abraten “ihren Fehler zu wiederholen”.
- Im Vergleich bei Kontrollen, hatten Nierenverkäufer erheblich niedrigere Werte in allen Bereichen ihrer Lebensqualität.
Als Gründungsmitglieder der Interessengemeinschaft Nierenlebendspende e. V. im Jahr 2011 im Rahmen des Patiententages zur Nierentransplantation in Heidelberg, auf diese und andere Studien als Beleg für die extrem hohen Risiken und gesundheitlichen Schäden, die eine Nierenlebendspende verursachen kann, hingewiesen haben, wurde von Herrn Prof. Dr. med. Martin Zeier vor dem Plenum erklärt, dass der Iran vor dem Hintergrund der dortigen Verhältnisse sicher nicht geeignet ist, belastbare Aussagen zur Gesundheit von Nierenlebendspendern zu liefern.
Nun soll vor dem Hintergrund dieser erschütternden Studienergebnissen das Iraner Modell in Deutschland diskutiert werden? Inzwischen sind die Risiken mit der norwegischen Studie “Long-term risks for kidney donors” von 2014 (Mjøn et al – Kidney Int. 2014;86(1):162-167.) noch weiter präzisiert und es ist klar, dass der Nierenverlust nicht nur mit einem Verlust der Vitalität, bis hin zum Fatigue-Syndrom einher geht, sondern konkret zu kardiovaskulären Erkrankungen führen kann und dieser Organverlust das Sterberisiko deutlich erhöht. Vor diesem Hintergrund ist das Verhalten von Herrn Germund zu Recht als kriminell einzustufen.
Die hohen Anforderungen an die persönliche Verbindung zwischen Spendern und Empfänger, so wie im deutschen Recht verankert, dienen ausdrücklich dem Spenderschutz. Mit der Eröffnung eines legalen Organhandels würde die Zahl der erkrankten Spender noch weiter ansteigen. Die Aussicht auf finanzielle Verbesserung der eigenen Situation würde vielen Spendern die Augen vor den Risiken verschließen.
Daher ist ein Organhandel konsequent ohne “Wenn und Aber” abzulehnen. Eine Nierenlebendspende kann nur im engsten Familienkreise (Eltern für Kinder / belastbare Partnerschaften), ohne jeden finanziellen Anreiz und nur nach vollständiger und ehrlicher Aufklärung und garantierter Versorgung im Schadensfall vertretbar sein. Selbst diese Mindestanforderungen sind bis heute nicht realisiert. Ob die Nierenlebendspende selbst dann aus medizinischer Sicht ethisch vertretbar wäre, bleibt zu diskutieren.