Hamburg – Der Bayreuther Gesundheitsökonom Prof. Peter Oberender hat in einem aktuellen Gutachten akribisch vorgerechnet, dass sich im deutschen Gesundheitswesen durch eine konsequente Verlagerung geeigneter Operationen in den ambulanten Bereich jährlich dreistellige Millionenbeträge einsparen ließen. Der Berufsverband Niedergelassener Chirurgen (BNC) begrüßt das Gutachten, denn es zeigt endlich schwarz auf weiß, dass der seit Jahren vom BNC geforderte Grundsatz ambulant vor stationär nicht nur die Patienten, sondern auch die Kostenträger entlastet. Ganz anders die Reaktion der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG): Ihr Hauptgeschäftsführer Georg Baum warf dem Gutachten vor, die Versorgungsrealität zu verkennen und Äpfel mit Birnen zu vergleichen.
Für den BNC-Präsidenten Dr. Dieter Haack ist dieser Frontalangriff der DKG kaum verwunderlich: Immerhin gehen Patienten, die sich beim niedergelassenen Facharzt ambulant operieren lassen, der stationären Behandlung verloren. Die Verlagerung von Leistungen aus dem stationären in den ambulanten Bereich würde den durch die DKG vertretenen Krankenhäusern finanzielle Ressourcen entziehen und wird daher wider jegliche Vernunft abgelehnt. Dabei lassen sich mit ambulanten Operationen derzeit noch keine Gewinne erwirtschaften: Die Vergütung einer ambulanten Operation entspricht derzeit nur einem Bruchteil der DRG-Fallpauschale, die bei einer stationären Behandlung gezahlt wird, erklärte Haack. Krankenhäuser drängten zwar aus Marketinggründen zunehmend in den ambulanten Markt vor, hätten aber meistens weder die strukturellen, noch personellen Voraussetzungen für ambulante Operationen.
Das ambulante Operieren ist daher eine Domäne der niedergelassenen Fachärzte, meinte Haack und ergänzte: Eine Förderung dieses Leistungsbereiches ist nicht nur ein Gebot der Wirtschaftlichkeit, sondern auch des Patientenwunsches. Unsere Patienten wissen es zu schätzen, vom Beginn bis zum Ende der Behandlung und auch in Notfällen vom Facharzt ihres Vertrauens versorgt zu werden. Dass es nach ambulanten Operationen im niedergelassenen Bereich deutlich weniger Infektionen, weniger Schmerzmittelbedarf und kürzere Arbeitsunfähigkeitszeiten gibt, hätten Studien wiederholt belegt. Der BNC-Präsident erläuterte weiter: Die Zahlen aus dem Ausland sprechen für das ambulante Operieren. So lange aber in Deutschland Krankenhäuser selbst Patienten akquirieren können, so lange Patienten am operativ tätigen niedergelassenen Facharzt vorbei ins Krankenhaus eingewiesen werden, so lange wird die Indikation zur stationären Aufnahme immer großzügig gestellt werden. Wenn Kliniken die stationäre Einweisung mit Begleiterkrankungen oder sozialen Gründen begründen, kann auch der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) daran nichts ändern. Diese Schlupflöcher lassen sich nur stopfen, wenn niedergelassene Fachärzte vor Routineeingriffen beurteilen, ob sich eine Krankenhauseinweisung nicht vermeiden ließe.
Der Bundesvorsitzende des Deutschen Facharztverbandes (DFV) Dr. Thomas Scharmann ergänzte: Gerade im ambulanten Operieren spiegelt sich die Leistungsfähigkeit der niedergelassener Fachärzte wider, deren hohe Qualität den Vergleich mit der Klinik nicht scheuen muss. Hier ist die Innovation zu Hause, hier operiert der Facharzt mit abgeschlossener Weiterbildung. Das in dem aktuellen Gutachten berechnete Einsparpotenzial überrascht uns niedergelassene Fachärzte nicht. Wir staunen nur, dass Politik und Kassen immer von Sparzwängen reden, aber die Spitzenergebnisse der niedergelassenen ambulanten Operateure beharrlich ignorieren.