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Nicht lernfähig?

Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland/ Ausgabe Oktober 2008

Essen – Die Oktober-Ausgabe der Neuen Allgemeinen Gesundheitszeitung für Deutschland setzt sich im Leitartikel kritisch mit den Ausschreibungen für die neuen AOK-Rabattverträge auseinander. Bereits 2007 sorgten die Verträge zwischen der AOK und einzelnen Herstellern für Chaos in deutschen Apotheken: Patienten reagierten ungehalten und verunsichert, weil sie plötzlich nicht mehr die vertrauten Präparate erhielten. Auch die über Monate mangelhafte Lieferfähigkeit von Herstellern sorgte für massive Probleme.

Nun geht die AOK in die zweite Runde der Rabattschlacht und ignoriert dabei die Kritik von Experten, Verbänden, Apothekern und Ärzten. Die selbsternannte „Gesundheitskasse“ schreibt jetzt 64 Wirkstoffe aus, die je Wirkstoff und Losgebiet sogar nur noch an einen einzigen Hersteller vergeben werden sollen.

Die Patienten dürfen sich jedenfalls im kommenden Frühjahr wieder auf drastische Umstellungen gefasst machen, Umstellungen, die das erste Chaos noch in den Schatten stellen könnten.

Die Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland erscheint monatlich mit einer Auflage von 1 Million Exemplaren und ist kostenlos in Apotheken erhältlich.

Chaos Nr. 2 in Sicht AOK startet neue Rabattschlacht

Die „Risiken und Nebenwirkungen“ von Rabattverträgen sind schon lange bekannt. Vor allem chronisch kranke Menschen, die eine Vielzahl von Arzneimitteln einnehmen müssen, erinnern sich noch allzu gut an das Chaos, das bereits im Frühjahr 2007 für Ärger in den Apotheken gesorgt hat: Sogenannte Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Arzneimittelherstellern sollten bei den Kassen für angebliche Millioneneinsparungen sorgen – auf Kosten der Patienten.

Warum einfach, wenn’s auch kompliziert geht? Bisher entschied der Arzt, welches Arzneimittel ein Patient bekommen soll, und der Apotheker händigte dem Patienten das verschriebene Medikament aus. Dem Therapieerfolg stand praktisch nichts im Wege. Doch das bewährte System der Verschreibungen geriet mit dem Inkrafttreten der Rabattverträge gefährlich ins Wanken: Schließt heute eine Krankenkasse über einen Wirkstoff – z. B. ein Medikament zur Senkung des Blutdrucks – einen Rabattvertrag mit einem bestimmten Arzneimittelhersteller, bedeutet dies für den betroffenen Patienten, dass er plötzlich eine „rote“ statt einer „blauen“ Pille schlucken muss, es sei denn, der Arzt hätte durch einen speziellen Verordnungshinweis auf dem Rezept die Abgabe des bisher verordneten Medikamentes ausdrücklich vorgeschrieben. Tut er das nicht, ist der Apotheker verpflichtet, dem Patienten nicht mehr das gewohnte Arzneimittel auszuhändigen, sondern das Produkt des Herstellers, mit dem die Krankenkasse einen Rabattvertrag geschlossen hat.

Dass die von Gesundheitsministerium und Krankenkassen als notwendig und ungefährlich dargestellte Praxis erhebliche Probleme mit sich bringt, zeigen die Reaktionen der Patienten in der Apotheke. Vor allem ältere Menschen, die viele Tabletten einnehmen müssen, reagieren mit Unverständnis und Unsicherheit. Auch wenn ihnen versichert wird, dass der Wirkstoff derselbe sei, sind sie nur schwer zu überzeugen. Experten warnen, dass in vielen Fällen die verordnete Therapie aufgrund von Verunsicherung nicht mehr oder nur eingeschränkt fortgeführt wird. Die mögliche Folge: Statt der erwarteten Kostensenkung entstehen höhere Kosten für die Krankenkassen aufgrund von Komplikationen oder Folgeerkrankungen.

Auch die logistische und wirtschaftliche Komponente stellt die Rabattverträge in Frage. Erheblicher bürokratischer Mehraufwand belastet Krankenkassen wie Apotheken gleichermaßen. Fraglich ist, ob diese Kosten in die von den Kassen veröffentlichten Erfolgsmeldungen dämpfend einfließen. Darüber hinaus führten 2007 massive Lieferengpässe zu Problemen: Viele Hersteller, die die Zuschläge von Krankenkassen erhalten hatten, waren nicht in dem Ausmaß lieferfähig, wie es die neuen Vereinbarungen verlangten.

Voraussichtlich im März 2009 dürften sich AOK-Patienten erneut auf Umstellungen und massive Lieferprobleme gefasst machen: Ungeachtet der miserablen Erfahrungen aller Beteiligten mit den ersten Rabattverträgen schreibt die AOK 64 Wirkstoffe neu aus und teilt dazu Deutschland in nur fünf Los-Regionen ein! Massive Kritik ließ nicht auf sich warten. So beklagte der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), Hermann S. Keller, dass seitens der AOK künftig nur noch ein einziger Hersteller den Zuschlag für einen Wirkstoff pro Los-Region bekommen soll: Mit dieser Praxis könne die Lieferfähigkeit nicht garantiert werden. Keller fand klare Worte für das Vorgehen der AOK: „Wenn heute, ein Jahr nach den ersten Erfahrungen mit Lieferdefekten, von der AOK wieder wissentlich die Fehler der Vergangenheit wiederholt werden, dann muss man sich schon fragen, was bei den Beteiligten mehr wiegt: die Gesundheit der Patienten oder Kosteneinsparungen auf Biegen und Brechen.“

Der Branchenverband der Generika-Hersteller „Pro Generika“ kritisiert die organisatorischen und juristischen Fehler im Rahmen der neuen AOK-Ausschreibungen: Es habe zahlreiche Pannen zum Nachteil der an den Ausschreibungen teilnehmenden Unternehmen gegeben. „Mit dieser Pannenserie verschärft sich die Diskussion über die Sinnhaftigkeit von Rabattverträgen erneut“, so Peter Schmidt, Geschäftsführer von Pro Generika. „Die haarsträubenden Fehler der AOK belasten unsere Mitgliedsunternehmen schwer.“

Angesichts der massiven und nachvollziehbaren Kritik von Patienten, Apothekern, Ärzten und Arzneimittelherstellern kann man es durchaus als Skandal bezeichnen, dass das Bundesgesundheitsministerium an einem Ausbau der Rabattverträge festhält. In den vergangenen Jahren ausgesprochen erfolgreich bei der Verbreitung von Erklärungen, die über die kontinuierliche Verschlechterung unserer Gesundheitsversorgung hinwegtäuschen, plädiert das Ministerium auch jetzt aktiv für einen Ausbau der Rabattverträge, um das angeblich zu teure Gesundheitswesen durch Sparmaßnahmen finanzierbar zu machen.

Aber das Festhalten an unsinnigen Rabattverträgen ist nicht der einzige Fehler der Gesundheitspolitik. Man denke nur an die vielen unterfinanzierten Krankenhäuser, die vor dem finanziellen Kollaps stehen, an die im europäischen Rahmen unanständig hohe Mehrwertsteuer von 19 % auf Arzneimittel – 5 Milliarden EURO(!) entzieht der Staat so Jahr für Jahr der Gesetzlichen Krankenversicherung – oder an die Tatsache, dass die Bundesagentur für Arbeit (BA) trotz guter Finanzdaten seit eh und je nur die halben Krankenversicherungsbeiträge für Arbeitslose an die GKV überweist. Die andere Hälfte bringen die braven Beitragszahler zusätzlich auf. Wieso eigentlich? Und um das Maß voll zu machen: Ein gravierender Fehler der Gesundheitspolitik war auch die Zulassung des Versandhandels von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Leichte Bestellmöglichkeiten im Internet ohne das persönliche Beratungsgespräch in der Apotheke erleichtern unkontrolliertes Suchtverhalten. Und weil Verbraucher seriöse Anbieter nicht von unseriösen Firmen im Internet unterscheiden können, sind Arzneimittelfälschungen – so die Warnungen von Experten – Tür und Tor geöffnet.

Da helfen auch keine Gütesiegel. Denn auch die kann man fälschen.

Gesunde Kasse – Extraho(h)norare für AOK-Bosse? Ein Kommentar der Redaktion

Anfang September geriet die AOK massiv unter Beschuss. Ein Artikel des Magazins STERN thematisierte den scheinbar sorglosen Umgang der Krankenkassenmanager mit dem Geld ihrer Mitglieder. Von Extrahonoraren und regelmäßigen Mallorca-Reisen ist da die Rede. Glaubt man den Recherchen des Magazins, zahlt der AOK-Bundesverband jährlich bis zu 30 000 Euro an die Geschäftsführer einzelner Landeskassen. Das Geld wird angeblich für die Beratung anderer, zuschussbedürftiger Landeskassen ausgegeben. Diese sogenannten „Patenhonorare“ wurden laut STERN nicht publik gemacht, wie es eigentlich die Pflicht der AOK gewesen wäre. Auch der Bundesrechnungshof zeigte sich wenig erfreut über das Vorgehen der „Gesundheitskasse“. Sollten sich die Vorwürfe als berechtigt herausstellen, muss man sich unweigerlich fragen, womit die AOK ihr ausgeprägtes Interesse an Sparmaßnahmen in anderen Bereichen, die die Interessen ihrer Mitglieder als Patienten berühren, rechtfertigen möchte.