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Neurologische Erkrankungen belasten europäische Volkswirtschaften massiv

ENS 2013: 3.000 Neurologen/-innen tagen in Barcelona

Barcelona – Neurologische Erkrankungen verursachen nicht nur erhebliches Leid und Verlust an Lebensqualität, sondern auch enorme Kosten, betonten Experten/-innen beim Kongress der Europäischen Neurologengesellschaft in Barcelona. Insgesamt sind in Europa geschätzte 220 Millionen Menschen betroffen. Neue Forschungsergebnisse zu Schlafstörungen, Parkinson und Schlaganfall sind unter den thematischen Highlights

Neuropsychiatrische Erkrankungen belasten die Volkswirtschaften Europas mit insgesamt 798 Milliarden Euro, zeigt eine aktuelle Studie. „Neurologische Erkrankungen haben mit insgesamt 220 Millionen Betroffenen daran einen erheblichen Anteil, das wird häufig unterschätzt“, betonte Prof. Claudio L. Bassetti (Universitätsspital Bern), Präsident der Europäischen Neurologengesellschaft (ENS) beim 23. Meeting der ENS in Barcelona. Derzeit diskutieren bei diesem Kongress mehr als 3.000 Experten/-innen aktuelle Entwicklungen des Fachgebietes.

Die durch Schlaganfall entstehenden Kosten werden in Europa – eingeschlossen sind in die Berechnung die 27 EU-Staaten sowie die Schweiz, Norwegen und Island – mit 64,1 Milliarden Euro beziffert, Schlafstörungen verursachen Kosten von 35,4 Milliarden Euro, so die jüngsten, vom European Brain Council und der CDBE2010 Study Group publizierten Zahlen. Erwartungsgemäß steht die Demenz in der Liste der teuersten Krankheiten an erster Stelle. Sie verursachte 2010 in Europa Kosten von 105,2 Milliarden Euro. Teuer kommen auch Kopfschmerzen (43,5 Milliarden Euro) und Kopfverletzungen (33 Milliarden Euro). Aber auch durch vergleichsweise seltene Erkrankungen wie multiple Sklerose (14,6 Milliarden Euro), Morbus Parkinson (13,9 Milliarden Euro) und neuromuskuläre Krankheiten (7,7 Milliarden Euro) entstehen erhebliche Belastungen für die Gesundheitssysteme. Die Kosten pro Patient/-in und Jahr variieren erheblich – von 285 Euro bei Kopfschmerzen bis zu 30.000 Euro bei neuromuskulären Erkrankungen.

Die Zahlen entsprechen den Prognosen der Weltgesundheitsorganisation, die davon ausgeht, dass rund ein Drittel der Belastungen durch Krankheit auf das Konto von neuropsychiatrischen Erkrankungen geht. Prof. Bassetti: „Wir wissen jetzt, dass wir in früheren Publikationen die Kosten, die durch solche Erkrankungen entstehen, weit unterschätzt haben.“

Parkinson häufig von Depression und Demenz begleitet

Ein Themenschwerpunkt des Kongresses ist neuen Erkenntnissen zu Parkinson gewidmet. „Mehr als ein Drittel der Parkinson-Betroffenen leiden an Demenz“, berichtete Prof. Dr. Heinz Reichmann (Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden), Past-President der ENS, in Barcelona.

Seiner Untersuchung an 1.331 deutschen Parkinson-Patienten/-innen zufolge leiden rund 15 Prozent von ihnen zusätzlich an Demenz, elf Prozent an Demenz und Depression und neun Prozent an Demenz und einer Psychose. Leben Parkinson-Patienten/-innen lange genug, sind praktisch alle von Demenz betroffen. Ein ähnliches Bild liefert die Depression, an der laut Prof. Reichmann mindestens 40 bis 50 Prozent der Parkinson-Patienten/-innen leiden, „wenngleich meist in milder bis moderater Form“. Befragungen der Betroffenen zeigen: Der kognitive Verfall und die Depression verschlechtern die Lebensqualität oft mehr als die Bewegungsstörung selbst und hemmen zudem den Therapiefortschritt. Das gilt auf weiten Strecken auch für andere Parkinson-Begleitsymptome wie Verstopfung, die bei 45 Prozent aller Parkinson-Patienten/-innen auftritt, Riechverlust (90 Prozent), Doppelt-Sehen (zehn Prozent), oder Harninkontinenz (50 Prozent).

Schlaganfall-Epidemie: Neue therapeutische Strategien

Dem Thema Schlaganfall wurde auf dem Kongress ein eigenes Symposium gewidmet, auf dem unter anderem die mechanischen Verfahren zur Wiedereröffnung verschlossener Arterien (Rekanalisation) im Gehirn kritisch beleuchtet wurden. „Weltweit stirbt alle sechs Sekunden ein Mensch an den Folgen eines Schlaganfalls. In Europa werden jährlich zwischen 250 und 280 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner/-innen verzeichnet, in Summe um die 600.000 Schlaganfälle. Wir haben es mit einer Krankheit epidemischen Ausmaßes zu tun, die uns noch immer vor viele Probleme stellt“, sagte Prof. Dr. Guido Stoll (Universitätsklinikum Würzburg) auf dem ENS Kongress.

80 bis 90 Prozent der Schlaganfälle und der damit verbundenen plötzlichen neurologischen Ausfallerscheinungen gehen auf das Konto von Minderversorgung des Gehirns aufgrund von Thromben, in zehn bis 20 Prozent sind Hirnblutungen die Ursache. Die intravenöse, medikamentöse Auflösung des Gerinnsels (Thrombolyse) innerhalb von 4,5 Stunden nach dem Schlaganfall ist das einzige überprüft wirksame Verfahren. Zusätzliche mechanische Eingriffe sind für viele Patienten/-innen die einzige Chance, wenn sie über acht Millimeter große, in der Regel auflösungsresistente Thromben aufweisen. „Ein minimalinvasiver Kathetereingriff zur Thrombenentfernung, die Thrombektomie, stellt den unterbrochenen Blutfluss in den meisten Fällen augenblicklich wieder her. Es scheint aber von ganz bestimmten Rahmenbedingungen abzuhängen, ob ein solcher Eingriff langfristig nutzt“, erklärte Prof. Stoll.

„Für die klinische Praxis bedeuten die neuesten Erkenntnisse, dass die intravenöse Thrombolyse vorerst die Methode der Wahl bleibt. Welche Patienten/-innen von einer zusätzlichen mechanischen Thrombenentfernung profitieren, muss sich in weiteren dringend erforderlichen klinischen Studien zeigen. Leider kommen 90 Prozent der Schlaganfallpatienten/-innen zu spät in die Klinik, so dass die Thrombolyse nicht mehr angewendet werden kann. Wir müssen deshalb alles daran setzen, um Schlaganfälle von vorne herein zu verhindern und die therapeutischen Möglichkeiten zu verbessern“, betonte Prof. Stoll.

Bei der Vorbeugung des Schlaganfalls bei Patienten/-innen mit Vorhofflimmern sind in den letzten beiden Jahren große Fortschritte erzielt worden, die von Prof. Diener (Essen) auf dem Schlaganfallsymposium vorgestellt wurden. Die Hemmung der plasmatischen Blutgerinnung mit neuen oralen Thrombin- und Faktor Xa-Inhibitoren verhindert mindestens so viele Embolien aus dem Herzen ins Gehirn wie die bisher üblichen Vitamin K-Antagonisten, geht aber mit einer deutlichen Reduktion der unter der „Blutverdünnung“ gefürchteten Hirnblutungen einher.

Quellen: Olesen J et al.: The economic cost of brain disorders in Europe. European Journal of Neurology 2012, 19: 155-162; ENS Abstract 127: The patient with advanced Parkinson’s Disease; ENS Abstract 121: Thrombolysis and endovascular recanalisation in acute stroke; ENS Abstract 124: Mechanisms and treatment of brain oedema formation; New England Journal of Medicine; March 7, 2013, Chimowitz MI: Endovascular Treatment for Acute Ischemic Stroke – Still Unproven