Wiehl – Nach dem Willen von Bund und Ländern soll die Ausbildung der Pflegeberufe reformiert werden. Die Krankenpflege, die Kinderkrankenpflege und die Altenpflege sollen in einer einheitlichen „generalistischen“ Pflegeausbildung zusammengeführt werden. Eine Diskussion darüber, ob dies der richtige Weg ist, die anstehenden Probleme zu lösen, ist von den Ministerien nicht gewünscht. Daten, die eine Zunahme von Auszubildenden erwarten lassen, gibt es nicht. Kritiker befürchten vielmehr, dass die damit verbundenen Veränderungen der theoretischen und praktischen Lehrinhalte hin zur Krankenpflege dazu führen, dass sich weniger Auszubildende für den Altenpflegeberuf finden werden. In der Konsequenz würde sich die ohnehin schon schwierige personelle Situation in Heimen und bei ambulanten Diensten weiter verschlechtern und damit letztlich auch die Versorgung von älteren Menschen insbesondere Demenzkranken noch schwieriger werden.
Die zuständigen Bundesministerien sind seit mehreren Jahren dabei, dieses Gesetz zu erarbeiten. Am Abend des 26.11.2015 wurde von den zuständigen Ministerien einigen Verbänden der 113-seitige Referentenentwurf zur Reform der Pflegeberufe (Pflegeberufereformgesetz – PflBRefG) per E-Mail übermittelt und eine Stellungnahme innerhalb von 2 Wochen eingefordert. Viele Organisationen haben gegen die unzumutbar kurze Fristsetzung protestiert. Informationen darüber, wie die neue Ausbildung inhaltlich aussehen und wie sie umgesetzt werden soll, sind im Gesetz immer noch nicht enthalten, weitergehende Verordnungen wurden bisher nicht vorgelegt.
Bei der Anhörung am 11.12.2015 im Familienministerium in Berlin wurden die Teilnehmer vom Sitzungsleiter des BMFSFJ darauf hingewiesen, dass eine Diskussion über den grundsätzlichen Weg hin in die Generalistik nicht erwünscht sei. Allein die Kommentierung einzelner Paragraphen des Gesetzentwurfes sei gestattet.
„Dieses Vorgehen ist ein Skandal! Eine grundsätzliche Diskussion über die Nutzen und Risiken der von den Ministerien vorgeschlagenen generalistischen Ausbildung wurde erneut unterbunden. Demokratie sieht anders aus“, so Christina Kaleve, Vorsitzende des Deutschen Berufsverbandes für Altenpflege e.V. (DBVA). „Die Neuordnung der Pflegeberufe wird die pflegerisch-medizinische Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland nachhaltig verändern. Ein Gesetz mit solchen tiefgreifenden Auswirkungen erfordert, dass alle betroffenen Gruppen in den Prozess mit eingebunden sind und die nötige Zeit haben, die Vorschläge zu analysieren und zu bewerten.
Wir fordern deshalb die zuständigen Minister dazu auf:
- für ein faires und transparentes Gesetzgebungsverfahren zu sorgen.
- alle betroffenen Gruppen, insbesondere die Selbsthilfe, Patientenorganisationen und die Heimbeiräte in dieses Verfahren mit einzubinden.
- eine prospektivGesetzesfolgenabschätzung (pGFA) für das (Pflegeberufereformgesetz – PflBRefG) durchzuführen.“
Entsprechend § 43 Absatz 1 Nr. 5 und § 44 Absatz 1 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) sind die Ressorts verpflichtet, die voraussichtlichen Gesetzesfolgen einer Regelung darzustellen. Diese umfassen die beabsichtigten Wirkungen und unbeabsichtigten Nebenwirkungen (§ 44 Absatz 1 Satz 2 GGO).
Gemäß § 44 Absatz 5 sind außerdem darzustellen:
1. die sonstigen Kosten für die Wirtschaft, insbesondere für die mittelständischen Unternehmen und die Auswirkungen des Gesetzes auf die Einzelpreise und das Preisniveau,
2. im Benehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die Auswirkungen des Gesetzes auf die Verbraucherinnen und Verbraucher.
Das für den Gesetzesentwurf fachlich zuständige Bundesministerium hat dazu Angaben der beteiligten Fachkreise und Verbände, insbesondere der mittelständischen Wirtschaft und der Verbraucher, einzuholen.
Hintergrund zum DBVA:
Im Unterschied zur Krankenpflege – die kranken Menschen jeden Alters, meist somatisch orientiert, kurzzeitig bei der Gesundung hilft – unterstützt die Altenpflege längerfristig und mit ganzheitlichen Ansätzen alte Menschen, in Würde und Selbstbestimmung ihr Alter zu leben.
Ende der fünfziger Jahre wurden die ersten AltenpflegerInnen in Deutschland ausgebildet. Seither dient diese Ausbildung vielen anderen Ländern als Vorbild. Am 01.12.1974 gründeten staatlich anerkannte AltenpflegerInnen den Deutschen Berufsverband für Altenpflege (DBVA) e. V.
Der DBVA e.V. setzt sich als einziger Verband ausschließlich für die Belange der in der Altenpflege Tätigen ein.