Groß-Umstadt – Wenn das Knie Probleme und Schmerzen macht, hilft manchmal nur ein vollständiger Knieersatz. Dann nämlich, wenn die Gelenkflächen so verschlissen sind, dass konventionelle oder minimal-invasive Methoden nichts mehr bewirken können. In diesen Fällen kommt die Endoprothetik ins Spiel. Eine Endoprothese ersetzt geschädigte Körperteile wie Hüft- und Kniegelenke. Ziel ist immer, Schmerz zu lindern und die Funktion des Knies zu bessern also seine Beweglichkeit und Stabilität. Jährlich werden in Deutschland circa 180.000 künstliche Kniegelenke eingesetzt. Der dafür bekannten Operationstechnik steht seit einigen Jahren eine neue Operationsmethode gegenüber, die sich auf die Computernavigation stützt. Eine kürzlich im Journal of Bone & Joint Surgery veröffentlichte Studie von Herrn Dr. med. Hanns-Edgar Hoffart, Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Traumatologie der Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg, vergleicht nun zum ersten Mal die langfristigen Effekte beider Methoden.
Auf den Millimeter
Eine Kniegelenksoperation erfordert eine geschickte und vor allem erfahrene Arzthand. Wie gut das künstliche Gelenk funktioniert, hängt von der richtigen Position des Implantats ab. Es muss so eingesetzt werden, dass die mechanische Beinachse genau rekonstruiert ist. Sie verläuft direkt vom Hüftkopfzentrum dem Teil der Hüfte, der mit dem Becken verbunden ist bis zum Sprunggelenk. Nur wenn sie die Kniegelenksmitte durchkreuzt, erfüllt sie die Funktion des Gelenks. Zudem muss das umliegende Weichgewebe bei der Operation exakt in das Gelenk eingearbeitet werden, damit Muskeln und Bänder der Prothese einen sicheren Halt bieten. Bei einer konventionellen Operation lassen die Instrumente nur eine begrenzte Genauigkeit zu, wenn es darum geht, die einzelnen Gelenkskomponenten auszurichten. Egal wie ausgeklügelt die Instrumente sind die Ausrichtung hängt maßgeblich von den Fähigkeiten und der Erfahrung des Chirurgen ab. Die computergestützte Methode besticht durch ein Navigationssystem, das für den Eingriff direkt am Knie angebracht wird. Der Computer registriert die Konturen des Knies, misst seine Größe und die Ausrichtung der Gelenke. Dann wertet das System aus, welche Größe die künstlichen Gelenkskomponenten haben sollten und leitet den Arzt millimetergenau beim Einsetzen der Prothese an. Wie erfolgreich eine Knieoperation wirklich war, zeigt sich aber oft erst Monate später, wenn das Knie ausreichend vom Patienten getestet wurde.
Direkter Vergleich
Dr. med. Hanns-Edgar Hoffart ist viel daran gelegen, die beiden Operationsmethoden zu vergleichen. Dies konnte nur in einem praxisnahen Vergleich geschehen: Im Zeitraum zwischen August 2000 und Dezember 2001 wurden in der Klinik für Orthopädie und Traumatologie in Jugenheim der Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg 195 Patienten beobachtet, die an Knieschmerzen und an Arthrose-bedingtem Gelenkverschleiß litten und deshalb ein neues Kniegelenk benötigten. Sie waren zwischen 39 und 89 Jahre alt. Die Patienten wurden in zwei Gruppen geteilt: Gruppe A wurde auf herkömmliche Weise operiert, Gruppe B mit Hilfe des computergestützten Verfahrens. Die Patienten wurden fünf Jahre lang regelmäßig nachkontrolliert, um die Ergebnisse zu dokumentieren. Beide Gruppen waren in ihrer demographischen Zusammensetzung und der medizinischen Vorbedingungen vergleichbar. In beiden Operationsverfahren wurden die Kontaktflächen der Implantate zementiert, also mit einer Plastik-Masse eingeklebt. Die Prothesenstiele wurden ebenfalls zementiert eingesetzt. Üblicherweise wird bei der Knieersatz-Operation die abgenutzte Knorpelfläche von Oberschenkelrolle und Schienbeinkopf entfernt und oben durch die sogenannte Femur-Komponente, unten durch die Tibia-Komponente ersetzt. Zwischen Ober- und Unterschenkel wird ein Kunststoffinlay eingesetzt, die als Gleitfläche die frühere Aufgabe der Menisken übernimmt. Beide Operationsverfahren wurden von den gleichen erfahrenen Chirurgen durchgeführt.
Im Röntgenlicht
Vor und nach dem Eingriff untersuchte ein unabhängiger Beobachter die Patienten und die Funktion ihres Knies. Zusätzlich wurden fünf Jahre in Folge Röntgenaufnahmen angefertigt und ausgewertet, die Frontal- und Querschnitte des Knies zeigten. So konnten die Winkel der Ober- und Unterschenkelgelenk vermessen werden. Die mechanische Beinachse wurde durch Bilder des gesamten Beins bewertet, die vor und zwei Wochen nach der OP aufgenommen wurden. Die statistische Auswertung der Daten geschah durch einen unabhängigen externen Statistiker, der nicht wusste, welche der beiden Gruppen welches Verfahren durchlief. Das Ergebnis war letztlich eindeutig: Im Knee Society Score schnitten die Patienten der Gruppe B besser ab. Diese Skala misst unter anderem das Schmerzempfinden und wie gut das neue Knie sitzt und läuft. Die Operation mittels Navigationssystem erzielte in der Auswertung einen besseren Knee Society Wert. Im fünfjährigen Vergleich ist sie der herkömmlichen Methode also überlegen. Andere Studien wiesen bereits in die gleiche Richtung, haben aber bisher noch nicht die langfristigen Ergebnisse so eindeutig beweisen können.
Über die Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg
Die Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg behandeln als Klinikverbund an den Standorten Groß-Umstadt und Jugenheim jedes Jahr mehr als 30.000 Patienten stationär und ambulant. Mit mehr als 450 Planbetten sind sie der zuverlässige medizinische Versorger in der Region. Rund 750 Mitarbeiter und hochmoderne medizinische Standards garantieren eine bestmögliche Versorgung der Patienten. Weitere Informationen unter: http://www.kreiskliniken-darmstadt-dieburg.de