Berlin – Zum Boykott der für diesen Mittwoch angesetzten Anhörung des Bundeswirtschaftsministeriums zur geplanten Novellierung der Spielverordnung durch mehrere Suchtexperten erklärt die Drogenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion Angelika Graf:
Die Absage der Suchtexperten ist nur konsequent, denn der Entwurf fuer die Novelle der Spielverordnung aus dem Hause des FDP-geführten Bundeswirtschaftsministeriums ignoriert die Forderungen der Suchthilfe komplett. Es geht – anders als vorher angekündigt – nicht um Suchtprävention. Fast alle im Evaluierungsbericht der letzten Novelle der Spielverordnung festgestellten Defizite in der Einhaltung der Spielverordnung werden von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) konsequent ignoriert. Ansätze für eine Stärkung der Suchtprävention sind nicht ersichtlich.
Für Geldspielautomaten und Aufsteller sind laut dem Entwurf keine wesentlichen Verschärfungen vorgesehen. Im Gegenteil: Mit dem geplanten Wegfall der bisher vorgeschriebenen Überprüfung der Geräte durch Sachverständige will die Bundesregierung sogar die Kontrolle reduzieren, obwohl die Vorgaben bisher schon nicht ausreichend eingehalten werden. Suchtfördernde Elemente wie das Punktespiel und die Autostarttasten will die Bundesregierung ausdrücklich nicht verbieten. Die bisher vor allem in der Gastronomie nicht ausreichende Einhaltung des Jugendschutzes will die Bundesregierung “verbessern” – sie schlägt allerdings keine wirksamen Maßnahmen dafür vor. Großzügige Übergangsfristen bis zum Jahr 2017 sollen dafür sorgen, dass sich auf absehbare Zeit überhaupt nichts ändert -obwohl sich ein Gerät bereits nach nur vier Jahren amortisiert.
Ganz nebenbei ist der Entwurf ein kaum versteckter Angriff auf das staatliche Glücksspielmonopol. Der Europäische Gerichtshof hatte ein konsistentes System der Suchtprävention zur Voraussetzung für das deutsche Monopol erklärt. Ein mit der Suchtprävention begründetes staatliches Monopol für Lotto und andere Glücksspiele ist aber kaum glaubwürdig, wenn der Staat bei den Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten, von denen eine viel größere Suchtgefahr ausgeht, weitgehend auf Suchtprävention verzichtet.
Die FDP arbeitet offenbar nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern auch im Bund gemeinsam mit der Union daran, den deutschen Markt für das kommerzielle Glücksspiel zu öffnen. Das Votum der Länder, das staatliche Monopol zu erhalten, will die Bundesregierung nicht nur ignorieren, sondern torpedieren. Die Länder sollten sich dieses Vorgehen nicht bieten lassen. Das staatliche Monopol ist der beste Rahmen für eine starke Suchtprävention. Eine Ausweitung des Marktes führt im Bereich des Glücksspiels stets zu einer Ausweitung der Zahl der Süchtigen.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat mit dem Antrag Glücksspielsucht bekämpfen wirksame Vorschläge für eine Weiterentwicklung der Spielverordnung und ein kohärentes und konsistentes Gesamtsystem zur Bekämpfung von Spielsucht vorgelegt. Wir wollen mehr Transparenz, mehr Prävention und mehr Jugendschutz. Geldspielautomaten sollen durch eine Entschärfung wieder stärker zu Unterhaltungsgeräten werden. Notwendig sind zudem eine Ausweispflicht, ein abgestuftes Warnsystem sowie ein Sperrsystem für den Spielerschutz, empfindlichere Strafen für die Aufsteller bei Verstößen gegen die Spielverordnung und eine stärkere Möglichkeit der Einflussnahme auf die Standorte von Spielhallen für die Kommunen.