Aachen – Pünktlich zum internationalen Tag der Netzhaut (World Retina Day) am 24.9.2016 hat die Patientenvereinigung PRO RETINA Deutschland e.V. eine neuen Broschüre veröffentlicht.
Hierin geht es gezielt um Juvenile Makula-Dystrophien, deren Vielfalt, Schwierigkeiten und Lösungen für Betroffene und Angehörige. Sie informiert über die Veränderungen der Netzhaut und richtet sich an alle, die mehr darüber wissen möchten, weil Angehörige, Kinder, Freunde oder Kollegen erkrankt sind. Sie soll über den ersten Schock der Diagnose hinweg helfen ohne zu beschönigen.
Als Dystrophie bezeichnet man eine fehlerhaft angeborene Anlage einer körperlichen Struktur, hier der Netzhaut, die früher oder später in unterschiedlichem Ausmaß zu einer Fehlfunktion und zum Absterben (Degeneration) dieser Struktur führt. Die Ursache dieser Funktionsstörungen liegt also in der Zelle selbst begründet, in einer genetischen Fehlprogrammierung (Mutation).
Diese ist dann für Sehausfälle verantwortlich, die bei einer Makula-Dystrophie in der Mitte der Netzhaut in der Makula (zentral), im Bereich des schärfsten Sehens, beginnen.
Farben des Lebens
Ein Leben mit einer Makula-Dystrophie ist manchmal kompliziert. Aber es gibt viel Unterstützung, viele Hilfsmittel, viele Ideen für ein erfülltes Leben!
„Im Laufe der Erkrankung können die Farben, die wir sehen, verblassen“, sagt Heike Ferber Mitautorin der Broschüre. „Aber mit der Diagnose haben wir begonnen, die Vielfalt der Farben des Lebens bewusster wahrzunehmen.“
In der kostenlosen Informationsschrift werden Erfahrungen und Strategien geteilt. Augenärzte erläutern medizinische Fragen. Außerdem wurden Informationen über Hilfsmittel, rechtliche und psychische Aspekte zusammengestellt.
Daniela Wüstenhagen ist Chemieingenieurin und arbeitet in Teilzeit in diesem Beruf. Sie hat Morbus Best und lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern im Rheinland. Die Kinder sind ebenfalls betroffen.
„Als Mutter mit Morbus Best kann ich nachfühlen, was Eltern durch machen, die mit einer Netzhauterkrankung ihrer Kinder leben. Ich kann aber auch die Situation der Kinder nachempfinden, was es heißt, wenn das Sehen schlechter wird. Ich rate zum Beispiel dazu, die Kinder nicht dauernd zu fragen, was sie gerade sehen. Man kann darauf vertrauen, dass sie ihre eigenen Strategien mit den Sehstörungen finden.“
Außerdem sei es wichtig, die Lehrer von vornherein zu informieren, damit sie angemessen auf die Kinder eingehen.
Sie ist Beraterin der PRO RETINA und organisiert Seminare. In „Farben des Lebens“ beschreibt sie ihren Umgang mit der Diagnose und deren Folgen.
Oft bleibt diese Sehverschlechterung lange Zeit unbeachtet, da es sich um sogenannte seltene Erkrankungen handelt. Dabei ist selten gar nicht so selten! Rund 4 Millionen Menschen in Deutschland leben mit einer der über 6.000 verschiedenen Krankheiten, die laut EU-Definition zu den Seltenen gehören. Trotz unterschiedlicher Krankheitsbilder stehen die Betroffenen vor gleichen Herausforderungen: großer Forschungsbedarf, fehlende Medikamente und Therapien, wenig Informationen und Experten. Man spricht von „Waisen der Medizin“.
Eine seltene Erkrankung bedeutet immer einen langen Weg bis zur Diagnose, es fehlen oft spezialisierte Ärzte und im Fall der seltenen Netzhauterkrankungen gibt es auch keine Therapie.
Es gibt wenige Informationen über die einzelnen Erkrankungen und Betroffene und ihre Familien suchen meist lange nach guten, unabhängigen und vor allem patientenverständlichen Informationen.
Hier hilft die PRO RETINA Deutschland e.V. als diagnosespezifische Patientenorganisation, welche die Probleme rund um eine Sehbehinderung kennt und Perspektiven aufzeigen kann.
Der World Retina Day wird weltweit am letzten Samstag im September begangen. Er soll auf die Bedeutung der Netzhaut und insbesondere die Bedeutung für gutes Sehen hinweisen.
Die PRO RETINA Deutschland e.V. – Selbsthilfevereinigung von Menschen mit Netzhautdegenerationen – wurde 1977 von Betroffenen und deren Angehörigen als gemeinnütziger Verein gegründet, um sich selbst zu helfen. Es ist eine bundesweit tätige Organisation mit mehr als 50 Regionalgruppen und circa 6.000 Mitgliedern. Sie bietet Informationen und Beratung und versteht sich als Interessenvertretung der Patientinnen und Patienten in der Öffentlichkeit. Um einen Beitrag zur Entwicklung wirksamer Therapien zu leisten, engagiert sich PRO RETINA Deutschland e. V. auch in der Forschungsförderung.
Die PRO RETINA möchte allen Menschen, die von einer Sehverschlechterung oder Erblindung aufgrund einer Netzhautschädigung bedroht sind, neue Chancen geben, durch Prävention, Therapie und gemeinsames Bewältigen ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Forschung fördern – Krankheit bewältigen – selbstbestimmt leben