Deutsche Aidshilfe und Bundesdrogenbeauftragter setzen auf ein breites, niedrigschwelliges Angebot von Express-Konsumplätzen über Ernährung bis hin zur Infektionsprophylaxe
Crack ist seit den 90er Jahren auf dem deutschen Drogenmarkt bekannt – lange Zeit vor allem lokal begrenzt auf Städte wie etwa Frankfurt am Main. Inzwischen nimmt der Crackkonsum auch in weiteren Großstädten in NRW, Hamburg und Berlin zu. Damit Drogenhilfeeinrichtungen vorbereitet und gerüstet sind, hat die Deutsche Aidshilfe in Kooperation mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Drogenkonsumräume in Deutschland Empfehlungen zum Umgang mit Crackkonsumierenden aus der Praxis für die Praxis erarbeitet. Darin zu finden sind niedrigschwellige Maßnahmen für die Suchthilfe. Die Handreichung enthält sowohl Empfehlungen für die Infektionsprophylaxe als auch über Tagesruhebetten und Ernährung. Diese Sammlung stellt die Aidshilfe nun zusammen mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen vor.
Auch der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen Burkhard Blienert sieht Handlungsbedarf wegen des steigenden Crackkonsums: “Ich unterstütze Initiativen wie die der Deutschen Aidshilfe. Nur gemeinsam können wir uns frühzeitig um neue Drogenproblemlagen wie den zunehmenden Crackkonsum kümmern. Mittlerweile wissen wir aus vielen Gesprächen mit der Suchthilfe vor Ort, dass wir ein ernsthaftes Crack-Problem in vielen Großstädten in unserem Land haben. Darum müssen wir uns kümmern.” Blienert weist darauf hin: “Der Crackkonsum ist vor allem ein großstädtisches Phänomen. Was wir brauchen, sind gute Lösungen vor Ort, hier muss nicht jede Kommune das Rad neu erfinden. Es gibt bewährte Angebote wie Drogenkonsumräume oder niedrigschwellige Hilfsangebote und aufsuchende soziale Arbeit. Allerdings müssen diese für Crackkonsumierende modifiziert werden. Um Alternativen zum Crackkonsum in der Öffentlichkeit zu schaffen, sollten zum Beispiel spezielle Expresskonsumplätze in Drogenkonsumräumen eingerichtet werden.”
Astrid Leicht, Geschäftsführung des Fixpunkt e. V., Betreiber von drei Drogenkonsummobilen in Berlin und Teil der Bundesarbeitsgemeinschaft bekräftigt die große Bedeutung der überlebenswichtigen Harm Reduction-Maßnahmen für Drogenkonsument*innen und für den öffentlichen Raum und ergänzt: “Ich wünsche mir bessere und vielfältigere Zugänge zur Suchtmedizin und -therapie”.
Die Deutsche Aidshilfe hat hierzu konkrete Angebote in ihrer Handreichung formuliert: Besonders wichtig: Es geht bei Crackkonsum vor allem um den Schutz der Gesundheit, da Crackabhängige in extrem kurzer Zeit stark abbauen aufgrund von Nahrungs-, Flüssigkeits- und Schlafmangel. Dazu Dirk Schäffer von der Deutschen Aidshilfe: “Gesundheit ist das oberste Gebot, sonst ist weitere Hilfe kaum umsetzbar. Wir müssen es gemeinsam schaffen, dass Drogenkonsumräume in Großstädten aller Bundesländer zur Verfügung stehen. Durch Orte für den Konsum können die Konflikte und Belästigungen im öffentlichen Raum abnehmen. Niemandem gefällt es, dass Crack vor dem Hauptbahnhof oder auf dem Marktplatz geraucht wird, aber suchtkranke Menschen müssen sich irgendwo aufhalten dürfen. Die Mitarbeitenden in der Suchthilfe müssen wir besser auf den Umgang mit den enormen psychischen Folgen des Crackkonsums vorbereiten.”
Die Angebote müssten nun vor Ort aufgesetzt werden, sind sich Blienert, Schäffer und Leicht einig, und das trotz knapper Haushaltslage. Finanzielle Mittel seien zudem zur weiteren Evaluation und für die Forschung notwendig, etwa zu wirkungsvollen ambulanten und stationären Therapien.
Handlungsempfehlungen als PDF zum Download: Handreichung zur Anpassung der Angebote in Aids- und Drogenhilfe für Crack-Konsument*innen – Deutsche Aidshilfe