Bonn – Systemischer Lupus Erythematosus (SLE) wird oft als eine typische Frauenkrankheit bezeichnet, da 9 von 10 Betroffenen weiblich sind. Forscher des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN) haben nun eine mögliche Ursache für die größere Häufigkeit von SLE bei Frauen entdeckt.
SLE ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung, die Haut, Gelenke, Nieren, aber auch jedes andere Körperorgan befallen kann. Bei der Erkrankung richtet sich das Immunsystem gegen das körpereigene Bindegewebe und kann dadurch die Funktion zahlreicher Organe beeinträchtigen. Das Krankheitsbild äußert sich in verschiedenen Formen, die von leichten Hautausschlägen bis hin zu Multi-Organversagen reichen. Fast alle Betroffenen leiden unter Gelenkschmerzen und entwickeln oft auch eine Arthritis (entzündliche Gelenkerkrankung). SLE kann in jedem Alter auftreten, betrifft aber am häufigsten 10-bis 50-jährige Personen.
Bereits seit einigen Jahren ist Interferon-alpha (IFN-alpha) als wesentlicher Faktor für die Entstehung des SLE bekannt. IFN-alpha wird von den so genannten dendritischen Zellen des Immunsystems als Reaktion auf Krankheitserreger und Tumorzellen produziert und stimuliert die körpereigene Abwehr.
Wissenschaftler des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN) isolierten dendritische Zellen aus dem Blut weiblicher und männlicher gesunder Blutspender. Die dendritischen Zellen besitzen auf ihrer Oberfläche bestimmte Proteine, die bei der Abwehr von krankmachenden Mikroorganismen eine wichtige Rolle spielen. Diese Proteine werden “Toll-artige Rezeptoren” genannt. Sie erkennen und binden Oberflächenstrukturen von Krankheitserregern. Dadurch verformt sich der Rezeptor und aktiviert so im Inneren der Zelle einen Signalweg, der zur Produktion von IFN-alpha führt. Dieser Faktor verstärkt bestehende oder löst neue Entzündungsreaktionen im Körper aus.
Die Forscher brachten im Experiment die dendritischen Zellen mit synthetischen Substanzen zusammen, die – ähnlich wie die bakteriellen Oberflächen-Bestandteile – die Produktion von IFN-alpha bewirken, indem sie an die Toll-artigen Rezeptoren binden.
Hierbei stellte sich heraus, dass bei Frauen nach Aktivierung des Toll-artigen Rezeptors 7 (TLR7) deutlich mehr IFN-alpha in dendritischen Zellen produziert wird als bei Männern. Dies könnte die größere Häufigkeit von SLE bei Frauen erklären. Die Ursache für die geschlechtsabhängige IFN-alpha-Produktion konnte allerdings noch nicht gefunden werden. Eine Östrogenwirkung schließen die Wissenschaftler aber aus.
“Unsere Ergebnisse sind auch von klinischer Bedeutung”, so Professor Gregor Bein, Direktor des Institutes für Klinische Immunologie und Transfusionsmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen. “Die Entdeckung, dass der Rezeptor TLR7 eine zentrale Rolle bei der Entstehung von SLE spielt, eröffnet neue Möglichkeiten der Therapie. Dabei könnten zum Beispiel Substanzen eingesetzt werden, die eine Hemmung von TLR7 bewirken und damit die Produktion von IFN-alpha verringern.”
Die Ergebnisse der Studie werden in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift “The Journal of Immunology” veröffentlicht. Weitere Informationen im Internet unter: http://www.ngfn.de oder http://www.sipage.ngfn.de