Münster – Münster. Die Organisation „Ärzte für das Leben e.V.“ ist in Fragen des Lebensrechts mit der Partei Bündnis 90/Die Grünen nicht oft einer Meinung. Dennoch empfiehlt sie den Abgeordneten des Deutschen Bundestags, bei der Abstimmung am 16. Januar 2020 die Gesetzesinitiative der Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock zur Organspende zu unterstützen und die Widerspruchsregelung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn abzulehnen.
Hierzu erklärte Prof. Paul Cullen, Vorsitzender der Ärzte für das Leben e.V.: „Die Organtransplantation in Deutschland steckt in zwei Krisen: eine Krise der Organisation und eine Krise des Vertrauens. Die sogenannte „doppelte Widerspruchslösung“ von Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) ist zur Lösung der ersten Krise völlig ungeeignet und wird die zweite erheblich verstärken.
Bei allen grundsätzlichen Schwierigkeiten, die wir beim Hirntodkonzept sehen, hat die Baerbock-Initiative zumindest den Vorteil, dass sie das Recht auf körperliche Unversehrtheit und das sonst von der Politik so hochgehaltene Prinzip der Autonomie respektiert. Wie Kathrin Vogler von der Linkspartei bei der Orientierungsdebatte im Bundestag am 26. Juni 2019 zutreffend bemerkte, ist „kein Nein noch lange kein Ja.“
Zudem ist überhaupt nicht bewiesen, dass die Einführung der Widerspruchslösung zu einer höheren Zahl an Spenderorganen führen wird. In Schweden und Singapur hat die Widerspruchsregelung die Spenderzahl nicht verändert, während in Brasilien, Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Lettland, Luxemburg und Wales die Organspenderate nach Etablierung einer Widerspruchslösung sogar gesunken ist. Selbst in Spanien, das oft als Erfolgsgeschichte präsentiert wird, ist die Spenderate nach Einführung der Widerspruchslösung sechs Jahre lang gleich geblieben. Experten gehen davon aus, dass die Zunahme der Spenderate, die danach in Spanien beobachtet wurde, nicht auf die Widerspruchslösung, sondern auf eine Verbesserung der Transplantationsinfrastruktur zurückzuführen war.
Erst in Februar vergangenen Jahres wurde das „Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende“ vom Bundestag verabschiedet. Wäre es nicht klüger, erst die Auswirkungen dieses Gesetzes abzuwarten, bevor man mit der Widerspruchsregelung einen radikalen Systemwechsel anstrebt? Erst vor wenigen Jahren hat der Bundestag im Paragraf 2, Absatz 2 des Transplantationsgesetzes beschlossen, dass „niemand verpflichtet werden [kann], eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende abzugeben“. Hier eine Kehrtwende zu vollziehen, entspräche nicht dem „Ultima-ratio-Prinzip“, dem alles staatliche Handeln verpflichtet ist.
Deshalb fordern wir alle Abgeordnete auf: Respektieren Sie die Selbstbestimmung und Autonomie der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Unterstützen Sie die Initiative von Annalena Baerbock am 16. Januar!“
Über Ärzte für das Leben e.V.
Der Verein „Ärzte für das Leben“ fordert eine uneingeschränkte Kultur des Lebens in der medizinischen Praxis und Forschung auf der Grundlage der hippokratischen Tradition. Er finanziert sich ausschließlich über die Beiträge seiner Mitglieder sowie durch Spenden. Mehr unter www.aerzte-fuer-das-leben.de