Berlin – Der NAV-Virchow-Bund und rund 20 weitere Organisationen und Verbände des Gesundheitswesens boykottieren die kurzfristig angesetzte Erörterung zum so genannten GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz kommenden Montag in Berlin. Das Ministerium hatte erst gestern den 542 Seiten starken Gesetzestext verschickt und sollte binnen zwei Arbeitstagen eine Analyse und Stellungnahme vorbereiten. “Der fachliche Rat der Spitzenorganisationen im Gesundheitswesen ist offenkundig nicht ernsthaft gefragt”, erklären die Verbände.
Anhörung im BMG ist eine Farce – Zukunft des deutschen Gesundheitssystems endlich ernst nehmen
ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Berlin Bundesärztekammer, Berlin Bundeszahnärztekammer, Berlin Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), Berlin Gemeinsamer Bundesausschuss, Siegburg Hartmannbund – Verband der Ärzte Deutschlands, Berlin Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Berlin Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), Köln Marburger Bund, Berlin Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen e. V. Essen NAV-Virchow-Bund, Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands
Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen: AOK-Bundesverband, Bonn BKK Bundesverband, Essen IKK-Bundesverband, Bergisch Gladbach See-Krankenkasse, Hamburg Bundesverband der landwirtschaftlichen Krankenkassen, Kassel Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V., Siegburg AEV – Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V., Siegburg
Verband der privaten Krankenversicherung e. V. (PKV), Köln
Die oben genannten Organisationen werden an der fachlichen Anhörung zum Referentenentwurf des so genannten GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) am kommenden Montag (16.10.2006) des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) nicht teilnehmen.
Die Anhörung sei eine Farce, begründeten die Organisationen ihre Absage. Sie hätten erst am Donnerstag, 12. Oktober 2006, den Referentenentwurf erhalten. Gleichzeitig seien sie ohne vorherige Ankündigung zu einer fachlichen Anhörung für kommenden Montag eingeladen worden. Und dies, obwohl das Ministerium seit dem 4. Juli 2006 von den Koalitionsspitzen den Auftrag erhalten hatte, einen konkreten Gesetzesentwurf vorzulegen und somit ein sinnvoller zeitlicher Ablauf bei strukturiertem und effektivem Arbeiten des Ministeriums problemlos möglich gewesen wäre. Der Sinn einer fachlichen Anhörung sei es, die einzelnen Regelungen detailliert auf ihre Wirkungen hin abzuklopfen und auf mögliche auftretende Probleme hinzuweisen. Dies sei angesichts des Umfangs und der Tragweite der Änderungen in derart kurzer Frist jedoch “ein Ding der Unmöglichkeit”.
Offenkundig sei der fachliche Rat der Spitzenorganisationen im Gesundheitswesen gar nicht ernsthaft gefragt. Nun in aller Kürze eine fachliche Anhörung anzusetzen, um bereits am nächsten Tag (Dienstag 17.10.2006) die Ressortabstimmung durchzuführen, belege, dass nicht im Entferntesten daran gedacht sei, die möglichen Einwände der Spitzenorganisationen im Gesetzentwurf zu berücksichtigen. Es gehe hier um gravierende Veränderungen des Gesundheitssystems, von denen 80 Mio. Menschen betroffen seien. Angesichts der Komplexität der Neuregelungen und deren Wirkungen sei darüber hinaus eine eintägige Anhörung in keinster Weise angemessen. Es sei unverantwortlich, diesen Gesetzentwurf mit über 500 Druckseiten im Hau-Ruck-Verfahren zu beschließen. Über viele Einzelpunkte des Gesetzeswerks sei überhaupt noch nicht in aller Konsequenz fachlich und juristisch beraten, geschweige denn öffentlich diskutiert worden. Es werde Zeit, dass das zuständige Bundesgesundheitsministerium die anstehende Reform endlich inhaltlich ernst nimmt.
Die genannten Organisationen betonten, sie seien selbstverständlich bereit und in der Lage, im Interesse der Vermeidung von schädlichen Wirkungen auf die gesamte Bevölkerung und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems den Gesetzentwurf mit Sorgfalt zu prüfen und Änderungsvorschläge zu unterbreiten. Diese Prüfung werden sie jedoch mit der gebotenen Sorgfalt durchführen und dann in ausführlichen Stellungnahmen der Politik und der Öffentlichkeit in einem angemessenem Zeitraum zur Verfügung stellen.
Der NAV-Virchow-Bund ist der einzige freie ärztliche Verband, der ausschließlich die Interessen aller niederlassungswilligen, niedergelassenen und ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte aller Fachgebiete vertritt.