Köln – In den Kommunen der Bundesrepublik gibt es vielfältige Aktivitäten im Bereich Früher Hilfen. Mindestens 50 Prozent der Jugend- und Gesundheitsämter in Deutschland sind in diesem Thema bereits aktiv. Das ist das Ergebnis einer ersten bundesweiten Bestandsaufnahme des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen (NZFH), das in Trägerschaft der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und des Deutschen Jugendinstituts (DJI) steht. Frühe Hilfen sind Angebote, die Familien mit Säuglingen und Kleinkindern in schwierigen Lebenslagen bei der Wahrnehmung ihrer Erziehungsaufgaben unterstützen und so zur Prävention von Vernachlässigung und Misshandlung beitragen.
An der Befragung haben 573 Jugend- und Gesundheitsämter teilgenommen. Das entspricht einer Rücklaufquote von über 59 Prozent. Nahezu jedes der teilnehmenden Jugendämter (96 Prozent) und ein Großteil der Gesundheitsämter (79 Prozent) gaben an, sich im Bereich Früher Hilfen zu engagieren. “Es ist erfreulich, dass sich schon so viele Kommunen auf den Weg gemacht haben. Eine Herausforderung aber ist es vielerorts noch, die Angebote zu Frühen Hilfen dauerhaft zu etablieren. Darüber sind einige der Fachleute vor Ort in Sorge – das war in den Antworten auf unsere Fragen spürbar”, betont Prof. Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Mit dem Begriff Frühe Hilfen verbinden die Fachleute in den Kommunen vorwiegend Prävention und frühzeitige Hilfen für Familien in Problemlagen und weniger Intervention im Kontext von Kindeswohlgefährdung. “Dieses Ergebnis der Studie verdeutlicht, dass der Begriff viele Diskussionen ausgelöst hat. Das Allerwichtigste jedoch ist, dass mit dem Angebot der Frühen Hilfen nun verstärkt auch das Augenmerk auf die Allerkleinsten gerichtet wird, die zuvor für die Öffentlichkeit quasi unsichtbar in ihren Familien waren, und erst mit dem Kindergarteneintritt im vierten oder fünften Lebensjahr in öffentlichen Einrichtungen auftauchten”, unterstreicht Prof. Dr. Thomas Rauschenbach, Direktor des Deutschen Jugendinstituts.
Der Stand der Umsetzungen einzelner Maßnahmen im Bereich Früher Hilfen ist noch uneinheitlich. In den Kommunen geht es bisher vor allem darum, interdisziplinäre Netzwerke aufzubauen (55 Prozent der befragten Ämter melden hier: “bereits umgesetzt”), niedrigschwellige Angebote für Familien bereitzustellen (56 Prozent) und die Zusammenarbeit von Gesundheitswesen und Jugendhilfe zu intensivieren (72 Prozent).
Die Ergebnisse der Bestandsaufnahme bestärken die Fachleute auf ihrem Weg, engmaschige Netze für Familien in belastenden Lebenssituationen zu knüpfen: Die Netzwerkarbeit führte bereits zu besserem Kommunikationsfluss (81 Prozent) und zu besserer Kenntnis der Angebote anderer Institutionen (89 Prozent). Gleichzeitig unterstreichen die Befragungsergebnisse die Notwendigkeit, Frühe-Hilfe-Netzwerke mit ausreichenden Ressourcen auszustatten.
Die Bestandsaufnahme wurde vom Deutschen Institut für Urbanistik durchgeführt. Difu-Projektleiter Detlef Landua stellt klar: “Netzwerke mit fester Koordinierungsstelle, Zielvereinbarungen und Maßnahmen zur Qualitätssicherung erreichen bessere Wirkungen als unverbindliche Netzwerke. Die Verbesserungen betreffen nicht nur die Netzwerkstrukturen, sondern auch die Akzeptanz Früher Hilfen seitens der Familien. Die Ergebnisse der Bestandsaufnahme zeigen klar, dass sich Investitionen in diesem Bereich lohnen.”
Die befragten Ämter wünschen sich mehr Beratung zur Finanzierung Früher Hilfen, die Bereitstellung von Einschätzungshilfen zur Früherkennung von familiären Belastungen sowie Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Insbesondere die Gesundheitsämter weisen auf einen Unterstützungsbedarf in Fragen des Datenschutzes hin – hier geht es zum Beispiel um die Weitergabe personenbezogener Daten an andere Akteure in einem Netzwerk Frühe Hilfen.
Der ausführliche Ergebnisbericht der Bestandsaufnahme ist verfügbar auf der Internetseite des NZFH unter http://www.fruehehilfen.de
Das NZFH wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Die Bestandsaufnahme wurde im Rahmen des Aktionsprogramms der Bundesregierung “Frühe Hilfen für Eltern und Kinder und soziale Frühwarnsysteme” durchgeführt.