Analyse aus Arzt- und Kinderarzt-Praxen in Deutschland
Frankfurt/Main – 5.12.2023 – Für Arztpraxen und Kostenträger bleiben die Folgen der Pandemie, die nicht primär mit COVID-19 in Verbindung stehen, eine Herausforderung. So gibt es beispielsweise Hinweise aus der Literatur, dass die Inzidenz der Infektionen der oberen Atemwege durch andere Viren in der Zeit nach der Pandemie stark angestiegen ist. Bislang fehlten jedoch valide Daten aus Deutschland. Prof. Karel Kostev, Leiter der Epidemiologie von IQVIA, veröffentlichte jetzt mit seinem Forscherteam eine Studie, die zeigt, dass es zwischen 2019 und 2022 bundesweit zu einem starken Anstieg solcher Infektionen gekommen ist.
Die Forscher haben dazu die Anzahl der Patienten mit Infektionen der oberen Atemwege zwischen Januar 2019 und Dezember 2022 anhand der Disease Analyzer Datenbank von IQVIA erfasst. Dieses Tool liefert Aufschluss zu epidemiologischen Fragestellungen mittels der ICD-10-Codierung und damit vollständig anonymisiert. Die Forscher verglichen bei ihrer Auswertung die Anzahl entsprechender Diagnosen zu Infektionen der oberen Atewmwege pro Praxis und die Dauer der Krankschreibungen pro Person im zeitlichen Verlauf.
In der Analyse wurden 1.872.935 Patienten eingeschlossen, davon 1.403.907 aus Allgemeinarztpraxen und 469.028 aus Kinderarztpraxen. 48% der Erkrankten waren weiblich.
Signifikanter Anstieg zwischen 2019 und 2022
Die Zahl der Patientinnen und Patienten mit Infektion der oberen Atemwege pro Praxis war im Jahr 2022 signifikant höher als im Jahr 2019 (732 vs. 464), ein Anstieg um 58 %. Dies galt sowohl für Frauen (56 %) als auch für Männer (60 %).
Der Anstieg der Zahl an entsprechenden Diagnosen nach der Pandemie korrelierte mit dem Alter. Er war bei Personen zwischen 18 und 30 Jahren am höchsten (+22 %) und bei älteren Menschen über 70 Jahren am niedrigsten (3 %). Bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren war der Anstieg in der Altersgruppe von 0 bis 5 Jahren am höchsten (+89 %).
Sowohl die Anzahl der Patientinnen und Patienten pro Praxis, die aufgrund akuter Atemwegsinfektionen krankgeschrieben wurden (184 vs. 92), als auch die durchschnittliche Dauer der Krankschreibung (+2 Tage) nahmen von 2019 bis 2022 zu.
„Unsere Daten deuten auf einen dramatischen Anstieg der Inzidenz akuter Atemwegsinfektionen in allen demografischen Untergruppen in Deutschland zwischen 2019 und 2022 hin. In erster Linie waren dies nicht weiter spezifizierte Infekte (ICD 10 J06) sowie die Akute Bronchitis (J20)“, erklärt Kostev. „Dieser Effekt war mit einem enormen Einfluss auf die Häufigkeit oder Dauer von Krankschreibungen verbunden.“ Für das aktuelle Pandemiemanagement und das Management zukünftiger Pandemien seien die Daten von großer Bedeutung.
Originalpublikation
Sven H Loosen, Wolfgang Plendl, Marcel Konrad, Christian Tanislav, Tom Luedde, Christoph Roderburg, Karel Kostev: Prevalence of Upper Respiratory Tract Infections Before, During, and After the COVID-19 Pandemic in Germany: A Cross-Sectional Study of 2 167 453 Outpatients. J Prim Care Community Health. 2023 Jan-Dec:14:21501319231204436. doi: 10.1177/21501319231204436. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37846103/
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