Berlin – Eine neue Richtlinie für die Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik (PPP-RL) löste die von 1991 bis 2019 geltende Personalverordnung (Psych-PV) ab. Derzeit bereitet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) eine erste Änderung vor.
Die stellungnahmeberechtigte Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft (DMtG) sieht sich in dem laufenden Verfahren benachteiligt: „Bedeutsame neue Entwicklungen der letzten 30 Jahre in Psychiatrie und Psychosomatik sind in der jetzt vorliegenden Fassung nicht ausreichend berücksichtigt“, kritisiert Beatrix Evers-Grewe, Mitglied im Vorstand der DMtG und Vorsitzende der Dachorganisation Bundesarbeitsgemeinschaft Künstlerische Therapien (BAG KT). In den letzten 30 Jahren haben sich in Psychiatrie und Psychosomatik multiprofessionelle Teams gebildet, in denen Künstlerische Therapeut.innen mit Mediziner.innen und Psychotherapeut.innen auf Augenhöhe interdisziplinär zusammenarbeiten und gemeinsam zeitgemäße Behandlungsstrategien umsetzen. Die handlungsorientierten Fachtherapien haben hier häufig den Vorteil, als „Türöffner“ fungieren zu können – unabhängig von sprachlichen Fähigkeiten. „Vorschläge und Begründungen aus unserer ersten Stellungnahme“, so Evers-Grewe, „wurden bis jetzt nicht berücksichtigt, für die mündliche Erläuterung bei der ersten Anhörung im Unterausschuss Qualitätssicherung des G-BA blieb nur genau drei Minuten Zeit.“
Die Fachgesellschaft sieht es generell als Problem an, dass in den Gremien des G-BA bestimmte Berufsgruppen, die sich in den vergangenen 30 Jahren entscheidend weiterentwickelt haben, nicht vertreten sind. So konnte die Expertise von Fachleuten, die über Kenntnisse dieser Entwicklung in der Psychiatrie und Psychosomatik verfügen, nicht ausreichend in die Beratungen mit einbezogen werden. Evers-Grewe: „Neben den Empfehlungen der Musiktherapeut.innen wurden auch die Verbesserungsvorschläge des Verbands der Ergotherapeut.innen nicht aufgegriffen. Die Berufsgruppen der Bewegungstherapie, Heilpädagogik, Logopädie und Sozialdienste wurden im Stellungnahmeverfahren überhaupt nicht eingebunden. Dabei sollte der neue Entwurf ja auf der Höhe der Zeit sein und nicht die alte PsychPV weitgehend kopieren, sondern die Gelegenheit bieten, dass Patientinnen und Patienten alle aktuell möglichen Behandlung erhalten können, wie sie zum Beispiel in der Leitlinie ‚Psychosoziale Therapie für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen‘ vorgesehen sind.“ Solche inhaltlichen Anpassungen wären möglicherweise bei einem Nationalen Gesundheitsberuferat in kontinuierlichen Beratungsprozessen aller Berufsgruppen gut aufgehoben.
Die in der genannten Leitlinie beschriebenen Tätigkeiten in den Bereichen der Künstlerischen Therapien wie z.B. Musik-, Kunst-, Tanz- und Theatertherapie, der Ergotherapie, der Bewegungstherapie und der Sozialen Arbeit finden sich in den aus der alten PsychPV übernommenen Regelaufgaben nicht wieder und sind auch in den nun festgelegten Minutenwerten nicht berücksichtigt. Wie unter diesen Rahmenbedingungen leitliniengerechte Behandlung in diesem Bereich geleistet werden soll, ist für die DMtG nicht erkennbar.
Die Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft fordert daher eine leitliniengerechte Richtlinie für die Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik. Dazu ist notwendig:
- Mehr Beteiligung von Vertreter.innen der Fachtherapien und Sozialer Arbeit im Abstimmungsprozess der PPP-RL im Unterausschuss Qualitätssicherung des G-BA
- Getrennte Erfassung der Therapieangebote Ergotherapie und Künstlerische Therapien
- Aktualisierung der jeweiligen Tätigkeitsprofile sowie der entsprechenden Minutenwerte
Ein derart aufwändiges Verfahren wie die Erarbeitung der PPP-Richtlinie durch den entsprechenden Unterausschuss des G-BA wird zu nicht korrigierbaren Ergebnissen und zum Nachteil der zu versorgenden Patientinnen und Patienten führen, wenn Hinweise der entsprechenden Fachgesellschaften und Experten nicht einbezogen werden.