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MODERNE SCHMERZMEDIZIN/ Prof. Tölle: “Nationaler Aktionsplan nötig, statt Flickenteppich”

Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft fordert Bund und Länder zum Handeln auf

Hamburg/Berlin – Anlässlich der Eröffnung des diesjährigen Deutschen Schmerzkongresses in Hamburg mit über 2.500 Teilnehmern fordert die Deutsche Schmerzgesellschaft e.V von der Bundesregierung und den Ländern, das Thema Schmerz mit Nachdruck auf die gesundheits- und wissenschaftspolitische Agenda zu setzen.

„Die Zeit ist reif: Wir brauchen einen „Nationalen Aktionsplan gegen den Schmerz“, fordert Prof. Dr. med. Dr. rer. nat Thomas Tölle, Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft. Akute und chronische Schmerzen haben sowohl bezüglich des millionenfachen individuellen Leids, aber auch in Hinblick auf ihre volkswirtschaftlichen Lasten den Charakter einer Volkskrankheit erreicht. „Nötig ist jetzt eine nationale Gesamtstrategie, statt einen gewachsenen Flickenteppich weiter zu stopfen“, so der Schmerzexperte.

Zwar konnten in den letzten Jahren stetig Erfolge erzielt werden. Allerdings werden von Seiten der Gesundheits- und Wissenschaftspolitik lediglich „Einzelbaustellen“ bearbeitet. Dies verdeutlicht unter anderem die aktuelle Antwort der Bundesregierung zur kleinen Anfrage „Versorgungslage chronisch schmerzkranker Menschen“ (vgl. Bundestags-drucksache 17/14357) der SPD-Bundestagsfraktion. Ein koordiniertes Handeln sollte aus Sicht der Deutschen Schmerzgesellschaft auf folgenden Eckpunkten basieren:

  • Bundesweit mangelt es an Transparenz für Bürgerinnen und Bürger über Strukturen, Qualität und Möglichkeiten der Schmerzversorgung in Deutschland.
  • Zudem sollte das Thema „Schmerzen“ eigenständiger Beratungspunkt einer zukünftigen Gesundheitsministerkonferenz der Länder (GMK) sein und nachfolgend in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe umfassend aufgegriffen werden. Beispielsweise sind die Bundesländer für eine adäquate Schmerzversorgung im Bereich der Krankenhäuser zuständig, aber auch für Details der ambulanten Bedarfsplanung.
  • Überfällig ist beispielsweise ein entschiedener Aufbau der Versorgungsforschung, etwa durch ein deutsches Schmerzregister bei chronischen Schmerzen.
  • Fragen des Vertragsrechts und der Qualitätssicherung müssen auf Ebene des Bundes fortentwickelt werden. Schmerzspezialisten in der Niederlassung brauchen eine ausreichende und stabile Finanzierungsgrundlage ihrer Tätigkeit.
  • Ein weiteres Defizit sind zwischen Leistungs-/Kostenträgern und Bundesressorts verstreute Zuständigkeitsfragen, wenn es darum geht, besondere Zielgruppenprogramme für beispielsweise Kinder, Jugendliche oder ältere Menschen aufzulegen oder aber Erwerbstätige bzw. berufsunfähige Menschen gut zu versorgen und dabei in dem großen Thema weiterzukommen, die Entwicklung chronischer Schmerzerkrankungen durch frühzeitige Maßnahmen überhaupt zu verhindern.
  • Notwendig ist jetzt auch die engagierte Umsetzung der beschlossenen Einbindung der Schmerzmedizin als eigenes Prüfungsfach in die Lehre an Universitäten.
  • Zudem muss die Qualität der Schmerzversorgung neben den nötigen Schritten zur Vermeidung und Behandlung chronisch schmerzkranker Menschen auch im Bereich akuter Schmerzen verbessert werden. Die Daten der Bundesregierung zeigen: Rund 40 Prozent der Kliniken haben hier Lücken, die Patientinnen und Patienten unnötig leiden lassen. Nur rund 15 Prozent der Kliniken nehmen an speziellen Zertifizierungen zum Schmerzmanagement teil.

Die Deutsche Schmerzgesellschaft e. V ist mit über 3.300 Mitgliedern die größte wissenschaftliche Schmerzgesellschaft Europas. Sie ist Mitglied in der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) sowie in der IASP (International Association for the Study of Pain). In Deutschland gibt es derzeit rund 13 Millionen Schmerzpatienten. Menschen mit chronischen Schmerzen werden zum großen Teil unzureichend behandelt und warten oftmals mehrere Jahre, bevor sie eine angemessene Behandlung erhalten. 6 – 8 Prozent der Gesundheitsausgaben entfallen auf „chronische Schmerzen“, die volkswirtschaftliche Belastung, u.a. von Arbeitsunfähigkeit etc. beläuft sich auf 20 bis 30 Mrd. Euro jährlich.