Berlin – Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln sind verbreiteter als bisher angenommen. Etwa 5.000 Wechselwirkungen mit unterschiedlichem Schweregrad sind bislang bekannt, etwa 20 Prozent davon sind schwerwiegend. “Die klinische Relevanz muss im Einzelfall kritisch hinterfragt und der Nutzen gegen das Risiko abgewogen werden”, sagte Apotheker Professor Dr. Martin Schulz von der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Aufgrund schwerwiegender Wechselwirkungen wurden in den vergangenen Jahren mehrere Arzneimittel vom Markt genommen.
Am häufigsten sind Wechselwirkungen bei älteren Patienten, die viele Medikamente einnehmen oder wenn verschiedene Ärzte und Apotheken an der Versorgung beteiligt sind. Die Arzneistoffgruppe mit den meisten Wechselwirkungen sind Rheumamittel. Ebenfalls problematisch sind viele Medikamente gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, zum Beispiel Digitalis, Calciumkanalblocker oder Diuretika.
Wechselwirkungen sind auch bei rezeptfreien Medikamenten möglich. So kann Johanniskraut die Wirkung der Antibabypille beeinträchtigen, Kalzium die Wirkung von Medikamenten gegen Osteoporose hemmen. Schulz: “Wechselwirkungen können umfassend erkannt werden, wenn der Apotheker alle eingenommen Arzneimittel kennt, egal ob vom Arzt verordnet oder aus der Selbstmedikation. Bei Patienten, die sich in eine Hausapotheke eingeschrieben haben, werden Wechselwirkungen am leichtesten erkannt.” In vielen Fällen kann der Apotheker zusammen mit dem Arzt Wechselwirkungen vermeiden, zum Beispiel durch das Ausweichen auf einen alternativen Wirkstoff oder den Hinweis auf die zeitlich getrennte Einnahme der Medikamente.