Mainz – Mit einem Geriatrie-Konzept will Gesundheitsministerin Malu Dreyer die medizinische Versorgung von älteren Patientinnen und Patienten im Land weiter verbessern. Die Ministerin stellte das Konzept, das eine flächendeckende Struktur mit geriatrischen Kapazitäten erreichen will und dabei auf vorhandenen Angeboten aufbaut, heute in Mainz vor. Mit der wachsenden Zahl älterer Menschen steigt auch der Bedarf an speziellen geriatrischen Angeboten, sagte die Ministerin. Gleichwohl sei es wichtig zu betonen, dass nicht jeder alte Mensch gleichzeitig ein geriatrischer Patient sei. Mit dem Gesamtkonzept will die Ministerin die Behandlung bei akuten Erkrankungen, die Prävention und Rehabilitation flächendeckend sicherstellen. Die Ministerin will nun die Partnerinnen und Partner des Gesundheitswesens für das Konzept gewinnen.
Im Jahr 2020 werden rund 23 Prozent der Menschen in Rheinland-Pfalz über 65 Jahre alt sein. Der Anteil der über 80-Jährigen wird auf sieben Prozent der Bevölkerung ansteigen, sagte die Ministerin. Das Gesundheitswesen müsse sich auf diese Menschen mit ihrem Bedarf an spezieller medizinischer Versorgung einstellen. Viele vor allem sehr alte Menschen seien chronisch krank oder hätten gleichzeitig mehrere verschiedene Erkrankungen; oft seien ihre Krankheiten schwieriger zu diagnostizieren. Ältere Patientinnen und Patienten reagierten zudem häufig verzögert auf Behandlungen und bräuchten oft auch soziale Unterstützung. Alle diese Faktoren müssten bei einem Gesamtkonzept berücksichtigt werden. Ziel sei es, eine gute ambulante und stationäre Akutbehandlung sowie Rehabilitation sicherzustellen.
Bereits im Jahre 2003 wurden eine geriatrische Akutabteilung in Mainz und zuvor geriatrische Schwerpunkte an Krankenhäusern in Bad Neuenahr, Ludwigshafen und Speyer eingerichtet. Damit wurde die Versorgung geriatrischer Patientinnen und Patientinnen im Land verbessert. Auch wenn heute schon ältere Menschen geriatrisch versorgt werden, müssen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Krankenhäuser auf zukünftige Entwicklungen richtig vorbereitet sind, unterstrich die Ministerin. Wir wollen, dass Menschen auch im Alter so lange wie möglich selbstbestimmt leben können, sagte die Ministerin. Deshalb sind Versorgungsstrukturen so zu gestalten, dass eine Pflegebedürftigkeit der Menschen vermieden werden kann. Ambulanter und stationärer Sektor sollen besser vernetzt werden. Die ambulante Versorgung soll soweit wie möglich Vorrang vor stationären Therapien haben. Ein differenziertes Angebot soll die Wohnortnähe sicherstellen. Die Behandlungsstrukturen sollen anerkannten Qualitätsstandards entsprechen und die Prävention soll gestärkt werden.
Mit diesen Zielen werden das bestehende Angebot weiterentwickelt und die vorhandenen Kompetenzen verbunden. Die ambulante Versorgung werde weiter ausgebaut. Den Hausärztinnen und Hausärzten kommt hier eine Lotsenfunktion zu, mehr als die Hälfte der Patientinnen und Patienten in den Hausarztpraxen sind über 65 Jahre alt, so Malu Dreyer. Ihre Aufgabe sei es, einen geriatrischen Bedarf frühzeitig zu erkennen, um eine entsprechende Behandlung oder Rehabilitation einleiten zu können. Darauf müssen Hausärztinnen und Hausärzte besser vorbereitet werden. Zum Beispiel können im Rahmen von Hausarztverträgen Fortbildungen gefördert werden. Darüber hinaus ist die Einrichtung spezieller geriatrischer Schwerpunktpraxen sinnvoll, die eng mit den Hausärztinnen und Hausärzten und den stationären Einrichtungen in einer Region zusammenarbeiten sollen.
Für die akute stationäre Versorgung sieht das Geriatriekonzept die Einrichtung von Hauptfachabteilungen für Geriatrie in den Oberzentren Mainz, Ludwigshafen, Trier, Koblenz und Kaiserslautern vor. Um auch die regionale Versorgung zu gewährleisten, ist geplant, in der Fläche Krankenhäuser mit einem geriatrischen Schwerpunkt auszuweisen, sogenannte Krankenhäuser mit geriatrischer Kompetenz. Welche Krankenhäuser im Einzelnen ausgewählt werden, wird mit der Aufstellung des Krankenhausplanes 2010 entschieden. Voraussichtlich werden in den nächsten Jahren etwa 500 zusätzliche akutgeriatrische stationäre Behandlungsplätze benötigt, die planbettenneutral, also ohne Ausweitung der Bettenzahlen eingerichtet werden sollen.
Die Akutversorgung für geriatrische Patientinnen und Patienten wird ergänzt durch die Rehabilitation. Die bestehenden Einrichtungen für geriatrische Rehabilitation an den Standorten in Bad Münster am Stein, Baumholder, Betzdorf, Burgbrohl, Nassau und Trier haben einen hohen qualitativen Standard und müssen erhalten werden. Innovative Wege einer wohnortnahen Versorgung sollen mit mobilen Rehaeinheiten gegangen werden. Es ist vorgesehen, an der geriatrischen Rehabilitationsklinik in Bad Münster am Stein eine mobile Rehaeinheit für etwa zehn Patientinnen und Patienten zu erproben. Bei einem positiven Ergebnis sollen an geriatrischen Rehabilitationseinrichtungen eine mobile Rehaeinheit eingerichtet werden.
Eine qualitativ hochwertige geriatrische Behandlung braucht die sektorenübergreifende und interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die Übergänge der verschiedenen Behandlungsphasen geriatrischer Versorgung müssen nahtlos organisiert sein, sagte die Ministerin. Es sei deshalb zwingend erforderlich, dass die Hauptfachabteilungen für Geriatrie sowie die Allgemeinkrankenhäuser mit geriatrischer Kompetenz mit den Rehabilitationseinrichtungen und den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten in Netzwerken eng zusammenarbeiten. Dort solle auch die bedarfsgerechte Ausbildung und die Fort- und Weiterbildung in allen Gesundheitsberufen intensiviert werden.
Das Geriatrie-Konzept sei die konsequente Anpassung der geriatrischen Angebote im Rahmen der Krankenhausplanung. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels bleibe die Weiterentwicklung der geriatrischen Versorgung eine Daueraufgabe, so die Ministerin.