Heidelberg – Der neue Bericht des Krebsregisters Baden-Württemberg ist erschienen: In den Diagnosejahren 2012/2013 sind Krebsneuerkrankungen zu über 90 Prozent und damit nahezu vollzählig erfasst. Zentrale gesundheitspolitische Fragen zum Thema Krebs – etwa zu Risikofaktoren oder zu Früherkennungsprogrammen – lassen sich nur auf der Basis gesicherter Daten beantworten. Das Krebsregister Baden-Württemberg liefert dafür fundierte Entscheidungsgrundlagen.
Das Krebsregister Baden-Württemberg hat erst im Jahr 2009 seine Arbeit aufgenommen, deutlich später als in den meisten anderen Bundesländern. „Wir freuen uns, dass wir es so wenige Jahre nach der Gründung bereits geschafft haben, weit über 90 Prozent aller Krebsneuerkrankungen zu erfassen”, kommentiert PD Dr. Volker Arndt vom Deutschen Krebsforschungszentrum, Leiter des Epidemiologischen Krebsregisters.
Trotz des hohen Erfassungsgrades gibt es allerdings noch Lücken bei den Angaben zu Therapien und dem Krankheitsverlauf. „Das Krebsregister Baden-Württemberg ist noch jung und wahrscheinlich bei den niedergelassenen Ärzten noch nicht ausreichend bekannt”, sagt Arndt. Wir werden in Zukunft mit Information und Schulungen intensiv daran arbeiten, die Ärzteschaft zu überzeugen, ihre wertvollen Informationen an uns zu übermitteln.
Im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern hat Baden-Württemberg bereits von Beginn an neben dem Epidemiologischen Krebsregister auch eine umfassende klinische Krebsregistrierung eingeführt: Hier werden Behandlungsdaten gesammelt und den einzelnen Kliniken und Behandlern zugeordnet, um die Qualität der Krankenversorgung zu sichern.
Was ist auffällig an den Krebsneuerkrankungen in Baden Württemberg? „Im Großen und Ganzen gleichen die Ergebnisse aus Baden-Württemberg den bundesweiten Daten. Auch im Südwesten sind bei beiden Geschlechtern die drei jeweils gleichen Krebsarten für über die Hälfte aller Erstdiagnosen verantwortlich”, erläutert Arndt. Bei den Männern macht Prostatakrebs 25 Prozent, Darmkrebs 14 Prozent und Lungenkrebs 12 Prozent aller Krebsneuerkrankungen aus. Bei den Frauen ist Brustkrebs mit 38 Prozent aller Neuerkrankungen bei weitem am häufigsten, gefolgt von Darmkrebs mit 12 und Lungenkrebs mit 7 Prozent.
Aber eine deutliche Abweichung von den gesamtdeutschen Ergebnissen sehen Arndt und Kolleginnen: Männer in Baden-Württemberg erkranken deutlich seltener an Lungenkrebs, der im „Ländle” 11,5 Prozent aller bösartigen Erkrankungen ausmacht. Im Bundesschnitt dagegen sind es 13,7 Prozent. Das stimmt überein mit dem Rauchverhalten: Nur 26,9 Prozent der Baden-Württemberger sind Raucher, in anderen Bundesländern dagegen rauchen bis zu 35 Prozent der Männer (Quelle: Tabakatlas 2015).
Der Bericht für die Jahre 2012/2013 des Krebsregisters Baden-Württemberg steht zum Download auf der Homepage www.krebsregister-bw.de unter Publikationen zur Verfügung.
Das Krebsregister Baden-Württemberg verknüpft die epidemiologische und klinische Registrierung aller neu auftretenden Krebsfälle. Das klinische Register, das bei der Krankenhausgesellschaft Baden-Württemberg angesiedelt ist, dokumentiert Therapiearten und Krankheitsverläufe und soll damit zur regionalen Qualitätssicherung in der Krankenversorgung beitragen. Träger des epidemiologischen Registers ist das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Es stellt die ‘Krebslandschaft’ Baden-Württembergs dar, um etwa regionale Unterschiede aufzuspüren oder die Krebshäufigkeit in Baden-Württemberg mit der anderer Bundesländer zu vergleichen und über die Zeit zu verfolgen. Auch die Qualitätssicherung von Früherkennungsprogrammen basiert auf den Daten des epidemiologischen Krebsregisters. Ärzte und Kliniken melden die Krebsneuerkrankungen an eine zentrale Vertrauensstelle, die bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg angesiedelt ist, die die Daten chiffriert und nur pseudonymisierte Datensätze an die beiden Register weiterleitet.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.