Heidelberg – In der neuen Ausgabe des International Journal of Cancer (IJC) decken deutsche Forscher die Todesursache eines skythischen Fürsten auf. Der Todeszeitpunkt: vor rund 2700 Jahren. Anhand von charakteristischen Knochenveränderungen diagnostizieren die Wissenschaftler einfortgeschrittenes Prostatakarzinom. Mit einem neuartigen Nachweisverfahrengelingt ihnen außerdem der Nachweis von PSA in der antiken Knochensubstanz. Die Druckversion des IJC, Band 121 (12), erscheint am 15. Dezember.
Das nomadische Reitervolk der Skythen hinterließ im achten bis dritten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung seine Spuren in weiten Teilen der eurasischen Steppe. Eine große Ausstellung der kunstvollen und prächtigen skythischen Goldschmiedearbeiten, die in Berlin, München und Hamburg zu sehen ist, lässt das deutsche Publikum derzeit staunen über die Kunstfertigkeit dieses Volkes, das keinerlei schriftliche Zeugnisse hinterlassen hat.
Auch der Skythenfürst, dessen Gebeine vor wenigen Jahren aus einem Grabhügel nahe der Stadt Arzhan in Südsibirien geborgen wurden, war mit über 6000 Goldobjekten bestattet worden. Er starb vor rund 2700 Jahren im Alter von 40 bis 50 Jahren – an einem fortgeschrittenen Prostatakrebs, wie Michael Schultz und Tyede Schmidt-Schultz von der Universität Göttingen nun gemeinsam Hermann Parzinger dem Präsidenten des Deutschen Archäologischen Instituts, beschreiben. An der Untersuchung waren außerdem Kollegen aus Novosibirsk beteiligt.
Rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen und Mikroskopie von Dünnschnittpräparaten mehrerer Knochenproben weisen die für ein metastasierendes Prostatakarzinom typischen Läsionen auf: Einem primären Knochenabbau folgt eine intensive, aufbauende, “osteoblastische” Aktivität, die ein primitives, wenig funktionsfähiges Knochenmaterial zur Folge hat. Offenbar ist fast das gesamte Skelett des Fürsten von Metastasen durchsetzt.
Mit einem verbesserten Nachweisverfahren, das die Proteine der extrazellulären Matrix präziser darstellt, konnte das Forscherteam erstmals bei einem archäologischen Knochenfund das prostataspezifische Antigen (PSA) in den Proben nachweisen und damit die Diagnose Prostatakrebs absichern. Während andere Biomoleküle zerfallen, sind die extrazellulären Proteine im Skelett durch die Knochensubstanz Hydroxylapatit über Jahrtausende geschützt.
Die neue Untersuchungsmethode könnte in Zukunft auch einen Nachweis anderer Tumormarker und damit weitere Krebsdiagnosen in archäologischen Knochenfunden ermöglichen.
M. Schultz et al.: Oldest known case of metastasizing prostate carcinoma diagnosed in the skeleton of a 2700-year-old Scythian King from Arzhan (Siberia, Russia) DOI: 10.1002/ijc23073
Weitere Artikel sind unter folgendem Link verfügbar: http://www3.interscience.wiley.com
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
Sherryl Sundell Managing Editor International Journal of Cancer Deutsches Krebsforschungszentrum Im Neuenheimer Feld 242 69120 Heidelberg Germany Tel.: +49 6221 424800 Fax: +49 6221 424809 E-Mail: intjcanc@dkfz.de