Hannover, Gießen, Köln – Ob Magen-Darm-Infekt, lästiger Schnupfen oder Husten – die Folgen vieler Virusinfektionen sind unangenehm, vorübergehend und in den meisten Fällen wehrt das Immunsystem die Eindringline erfolgreich ab. Doch es gibt auch Viren, gegen die das körpereigene Abwehrsystem machtlos ist und die zu schwerwiegenden Schäden bis hin zu Krebs führen können: Dazu zählen Hepatitis B- und Hepatitis C-Virusinfektionen, die laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahr 2022 weltweit zu 1,3 Millionen Todesfällen führten. Diese globale Gesundheitsbedrohung nehmen die Ausrichter des 25. Deutschen Lebertages am 20. November 2024 zum Anlass, im Vorfeld des bundesweiten Aktionstages über Diagnostik, Prognosen und Therapien bei Virushepatitis zu informieren. Der Deutsche Lebertag wird von der Gastro-Liga e. V., der Deutschen Leberhilfe e. V. und der Deutschen Leberstiftung ausgerichtet. Mit dem diesjährigen Motto „Leber gut – alles gut“ betonen die Ausrichter die Bedeutung der Leber als zentrales Stoffwechselorgan des menschlichen Körpers und weisen darauf hin, dass in den meisten Fällen virale und nicht-virale Lebererkrankungen und ihre Folgen umso besser behandelt und gegebenenfalls sogar geheilt werden können, desto früher sie erkannt werden.
Virushepatitis umfasst eine Gruppe von entzündlichen Lebererkrankungen, die durch verschiedene Viren verursacht werden. Derzeit unterscheidet man – abhängig vom Virustyp – Hepatitis A, B, C, D (delta) und E. Besonders Hepatitis B und C stehen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, da sie chronisch verlaufen und unbehandelt zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen wie Leberzirrhose und Leberzellkrebs führen können.
Im April 2024 schätzte die WHO, dass derzeit 254 Millionen Menschen an chronischer Hepatitis B und 50 Millionen Menschen an chronischer Hepatitis C leiden. Zusätzlich geht die WHO von jährlich etwa 1,5 Millionen Neuinfektionen von Hepatitis B und einer Million Neuinfektionen von Hepatitis C aus. Und auch die Prognose der WHO zur Sterblichkeit ist alarmierend: Weltweit sterben täglich 3.500 Menschen an viralen Hepatitis-Infektionen. Diese Daten verdeutlichen die globale Gesundheitsbelastung durch Virushepatitis und unterstreichen die Notwendigkeit von Präventionsmaßnahmen, frühzeitiger Diagnose und effektiven Behandlungsstrategien.
„In den meisten Fällen, wenn Viren in den menschlichen Körper gelangen, sind die Symptome unangenehm, aber schnell wieder vorbei. Unser Immunsystem kann die Eindringlinge, die beispielsweise Magen-Darm-Infekte, Schnupfen oder Husten verursachen, effektiv eliminieren. Anschließend ist der Patient wieder gesund. Doch es gibt Virusinfektionen, bei denen es dem körpereigenen Abwehrsystem nicht gelingt, sämtliche Viren komplett zu eliminieren. Wenn zum Beispiel Hepatitis-B-Viren (HBV) oder Hepatitis-C-Viren (HCV) einen Menschen infizieren, können sie Leberentzündungen verursachen, die häufig chronisch werden und weitere schwere Folge-Erkrankungen wie Leberzirrhose oder Leberzellkrebs zur Folge haben“, erläutert Prof. Dr. Michael P. Manns, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberstiftung, und berichtet von einem bisher einmaligen Erfolg: „In der Regel können Menschen, die an einer chronischen Virusinfektion leiden, nicht geheilt werden. Bislang gibt es nur eine Ausnahme, die Hepatitis C. Seit 2014 sind in Deutschland zahlreiche Medikamente zur Behandlung der Erkrankung zugelassen, die direkt in den Vermehrungszyklus des Virus eingreifen, die sogenannten DAAs – Direct Acting Antiviral Agents. Die Heilungsraten dieser nahezu nebenwirkungsfreien Tablettentherapien mit einer Dauer von acht bis zwölf Wochen sind sehr hoch, sie liegen bei circa 90 bis 100 Prozent. Doch wir können Hepatitis-C-Patienten nur dann einer heilenden Therapie zuführen, wenn ihre Erkrankung diagnostiziert wird. Auch gegen Hepatitis B gibt es effektive Therapien, die allerdings meist dauerhaft genommen werden müssen, und Impfstoffe, die eine Infektion verhindern können. So kann das Risiko einer Chronifizierung und schwerwiegender gesundheitlicher Folgen verringert werden. Viele Betroffene bemerken ihre Erkrankung jedoch lange Zeit gar nicht, weil chronische Infektionen mit einem Hepatitis-Virus über Jahre symptomlos verlaufen können.“
Bereits im Jahr 2016 hat die WHO das Ziel ausgerufen, bis 2030 die Virushepatitiden B und C zu eliminieren. Diesem Ziel hat sich die deutsche Bundesregierung mit der BIS2030-Strategie angeschlossen. Um der von Prof. Manns thematisierten Problematik der Identifizierung von unentdeckten Hepatitis-Virusinfektionen entgegenzuwirken, wurde der Katalog für Vorsorgeleistungen erweitert: Im Rahmen des Präventionsprogramms „Gesundheitsuntersuchung“ für gesetzlich Versicherte, vormals als „Check-up 35“ bezeichnet, besteht ab dem vollendeten 35. Lebensjahr alle drei Jahre ein Anspruch auf eine Vorsorge-Untersuchung. Seit 2021 wird als neue Vorsorgeleistung auch ein einmaliges Screening auf Hepatitis B und C angeboten. Erste Studienergebnisse zeigen, dass durch die Screenings die Zahl der Diagnosen von Hepatitis B und C angestiegen ist.
Wer noch keinen Kontakt mit Hepatitis-A- oder -B-Viren hatte, sollte sich in der hausärztlichen Praxis dagegen impfen lassen. Die Hepatitis-A- und -B-Schutzimpfungen sind insbesondere für Leberkranke wichtig, da die Leber hier schon vorgeschädigt ist: Eine zusätzliche Infektion mit einem Hepatitis-Virus kann den Krankheitsverlauf bei diesen Patienten verschlechtern oder sogar ein Leberversagen auslösen. Eine Impfung gegen das Hepatitis B-Virus schützt gleichzeitig gegen das Hepatitis-D-Virus (Hepatitis delta): Das Hepatitis-D-Virus kann nur zusammen mit dem Hepatitis-B-Virus auftreten, da es dessen Hüllprotein braucht. Die chronische Hepatitis delta ist die Virushepatitis-Erkrankung mit dem schwerwiegendsten Verlauf. Für die Therapie einer Hepatitis-D-Infektion ist seit einiger Zeit ein neues Medikament verfügbar.
Der Verlauf und die Prognose jeder Erkrankung mit einem Hepatitis-Virus hängen unter anderem von der Fähigkeit des Immunsystems, das Virus zu bekämpfen sowie der physischen Konstitution des Patienten ab. Von großer Bedeutung ist, ob eine frühe Diagnose und eine gezielte Behandlung erfolgen. Deswegen ist es auch für Menschen, die sich eigentlich gesund fühlen, sinnvoll, die Leberwerte in der hausärztlichen Praxis untersuchen zu lassen. Erhöhte Leberwerte können ein erstes Zeichen sein, dass mit der Leber etwas nicht stimmt.
Mehr Informationen zum 25. Deutschen Lebertag und alle bislang im Rahmen des diesjährigen Deutschen Lebertages veröffentlichten Presseinformationen finden Sie unter: www.lebertag.org.
Ausrichter und Ansprechpartner des 25. Deutschen Lebertages:
Deutsche Leberhilfe e. V.
Prof. Dr. Christoph Sarrazin, Vorstandsvorsitzender
Krieler Straße 100, 50935 Köln
info@leberhilfe.org
www.leberhilfe.org
Deutsche Leberstiftung
Prof. Dr. Michael P. Manns, Vorstandsvorsitzender
Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover
presse@deutsche-leberstiftung.de
www.deutsche-leberstiftung.de
Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Krankheiten von Magen, Darm und Leber sowie von Störungen des Stoffwechsels und der Ernährung (Gastro-Liga) e. V.
Prof. Dr. Peter R. Galle, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats
Friedrich-List-Straße 13, 35398 Gießen
geschaeftsstelle@gastro-liga.de
www.gastro-liga.de