Hürth – Die Lebenshilfe NRW fürchtet, dass Werkstätten zum Corona-Katalysator in der Eingliederungshilfe werden. Kostenträger missbrauchen aktuelle Situation zur Ausgabeneinsparung.
Die Lebenshilfe NRW macht im Zusammenhang mit dem Corona-Virus nochmals auf die Situation in der Eingliederungshilfe aufmerksam. Mit großer Sorge nehmen wir den fortlaufenden Betrieb der Werkstätten war. Zwar hat Herr Minister Karl-Josef Laumann gestern den Betreuungsauftrag diese betont und erklärt man arbeite an einer Lösung. Wir fürchten aber, dass die Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM) zu einem Katalysator der Verbreitung des Virus in den Wohneinrichtungen und Familien wird. Die Menschen mit Behinderung, die bekanntlich zur Risikogruppe gehören, können die Hygienevorgaben trotz Aufklärung nur schwer einhalten. Sie suchen gerade in solchen Ausnahmesituationen den Kontakt zu betreuenden Mitarbeiter*innen und Kolleg*innen. Diese Menschen nehmen den Virus dann mit nach Hause und infizieren in den Familien Angehörige (oft ältere Eltern jenseits der 60 Jahre, wenn sie noch zuhause wohnen) oder Betreuungspersonal in den Wohneinrichtungen.
Dies ist für die Wohnstätten gefährlich! Die Lebenshilfe NRW hat die Sorge, dass dort zunehmen Personal erkrankt ausfällt. Die Personalsituation in den Häusern ist durch den Fachkräftemangel schon angespannt, wenn die Mitarbeiter*innen nun noch ausfallen, ist die Versorgungs- und Betreuungssituation nicht mehr gewährleistet. Auch ältere Bürger*innen sind gefährdet, denn viele erwachsenen Menschen mit Behinderung leben bei ihren Eltern. Diese Eltern sind über 70 Jahre alt und sehr gefährdet.
Hinzu kommt, dass viele Menschen mit Behinderung mit Fahrdiensten oder Taxen zur WfbM gefahren und abgeholt werden. Auch hier handelt es sich um eine hochriskante Situation. Auch Menschen mit Behinderung, die den öffentlichen Nahverkehr nutzen, um in die WfbM zu fahren, sind riskanten Situationen ausgesetzt.
Wir sehen den langfristigen Fortbestand der Eingliederungshilfe insbesondere in den Bereichen Frühförderung, Schulbegleitung und Familienunterstützende Dienste in Gefahr, weil Kostenträger diese Phase scheinbar als aktuelles Einsparprogramm nutzen bzw. die Träger in Unsicherheit belassen und mit laufenden Personalkosten alleine lassen. Dabei ist das Geld in den Haushaltsplänen der Träger bereits eingeplant. Wir befürchten eine Entlassungswelle im sozialen Sektor, dabei sind alle Träger auf Personal langfristig angewiesen. Wir erinnern hier nochmals an unseren Vorschlag zur Einrichtung eines gesonderten Fonds für die Eingliederungshilfe.
Nicht zuletzt appelliert Landesgeschäftsführerin Bärbel Brüning an alle Verantwortlichen des Gesundheitsbereichs, die Eingliederungshilfe in Bezug auf Schutzmaterialien genauso wie Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen unbedingt zu berücksichtigen. Bereits jetzt gibt es Engpässe auch in verschiedensten Wohnformen.
Die 76 nordrhein-westfälischen Orts- und Kreisvereinigungen der Lebenshilfe mit rund 21.000 Mitgliedern sind Träger oder Mitträger von zahlreichen Diensten, Einrichtungen und Angeboten für Menschen mit einer geistigen Behinderung. Sie alle sind Mitglieder im nordrhein-westfälischen Landesverband, des Lebenshilfe Nordrhein-Westfalen e.V. In Frühförderstellen, (meist integrativen) Kindergärten und Krippen, Schulen und Tagesförderstätten, Werkstätten, Fortbildungs- und Beratungsstellen, Sport-, Spiel- und Freizeitprojekten, Wohnstätten und Wohngruppen sowie Familienentlastenden Diensten werden Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Behinderung gefördert, betreut und begleitet.
Hauptamtliche und ehrenamtliche Mitarbeiter*innen der Lebenshilfe sind mit diesen Aufgaben betraut. Angehörige von Menschen mit Behinderung können sich in Elterngruppen austauschen, Menschen mit Behinderung selbst arbeiten immer stärker in den Vorständen und anderen Gremien der Lebenshilfe mit. Die 76 nordrhein-westfälischen Lebenshilfen sind in der Beratung, Fortbildung und Konzeptentwicklung tätig und vertreten die Interessen von Menschen mit Behinderung und ihrer Familien gegenüber den Ländern bzw. der Bundespolitik.
Die Lebenshilfe Nordrhein-Westfalen e.V. verfügt über vier Tochtergesellschaften. Die Lebenshilfe Wohnen NRW gGmbH und die Lebenshilfe Wohnverbund NRW gGmbH bieten ambulante und stationäre Wohnangebote sowie Beratung für Menschen mit Behinderung in ausgewählten Regionen Nordrhein-Westfalens an. Fort- und Weiterbildung von Menschen mit Behinderung sowie hauptamtlichen Mitarbeitern*innen der Eingliederungshilfe, Familienbildung und Freiwilligendienste werden über die Lebenshilfe Bildung NRW gGmbH angeboten. In Hürth betreibt der Landesverband das Lebenshilfe Berufskolleg NRW gGmbH zur Ausbildung von Sozialassistenzen und Heilerziehungspflegern.