Berlin – Anlässlich der Vorstellung der Jahresberichte der deutschen und europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD und EBDD) gemeinsam mit dem Direktor der EBDD, Wolfgang Götz, und dem Leiter der DBDD, Dr. Tim Pfeiffer-Gerschel, erklärt die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing: Der Konsum illegaler Drogen unter jungen Menschen in Deutschland geht zurück. Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung, die zeigt, dass die getroffenen Maßnahmen wirken. Das bestätigt auch, dass es richtig ist, dass Deutschland die Erforschung des Substanzkonsums und besonders Angebote zur frühzeitigen Hilfe bei problematischem Konsum fördert.
Zu den Gruppen besonders suchtgefährdeter junger Menschen gehören zum Beispiel Kinder suchtkranker Eltern, Kinder in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfen, Schulabbrecher, junge Straftäter, Kinder aus sozial benachteiligten Familien, Mitglieder bestimmter Partyszenen oder junge Menschen mit Migrationshintergrund. Dazu erklärt Sabine Bätzing: Es ist wichtig, dass wir uns besonders diesen gefährdeten Kindern und Jugendlichen zuwenden. Die Forschungsaktivitäten in diesem Bereich wurden bereits intensiviert, um mehr über Zusammenhänge und Risikofaktoren zu erfahren. Die Arbeit mit jungen suchtgefährdeten Menschen erfordert außerdem eine enge Zusammenarbeit verschiedener Sektoren wie z. B. Jugend- und Suchthilfe. In zahlreichen Kommunen und Landkreisen gibt es mittlerweile Beispiele erfolgreicher Zusammenarbeit, um möglichst frühzeitig erfolgreich zu intervenieren.”
Die am weitesten verbreitete illegale Droge ist weiterhin Cannabis. Aktuelle Erhebungen unter Hamburger und Frankfurter Schülern bestätigen aber die bereits im letzten Jahr veröffentlichten Daten des IFT und der BZgA, die hier rückläufige Tendenzen aufweisen. Dazu erklärt Sabine Bätzing: In Deutschland gibt es zahlreiche erfolgreiche und vorbildhafte Projekte zur Reduzierung des Cannabiskonsums, die bereits zu einem großen Teil erfolgreich in die Praxis des Versorgungssystems umgesetzt sind.
Trotz dieser positiven Gesamtentwicklung geht die Zahl der problematischen und intensiven Konsumenten von Cannabis offensichtlich nicht zurück. Auch die Nachfrage nach Behandlung ist weiterhin groß. Dazu Tim Pfeiffer-Gerschel: In Deutschland stellt Cannabis in der ambulanten Suchthilfe nach den Opiaten die zweitwichtigste illegale Substanz dar. Von den Klienten, die zum ersten Mal wegen Problemen mit illegalen Drogen eine ambulante Suchthilfeeinrichtung aufsuchen, ist inzwischen jeder Zweite ein Cannabiskonsument.
Beim Kokainkonsum sind die Konsumzahlen sowie die Nachfrage nach Behandlung unverändert relativ niedrig, während in etwa einem Viertel der EU-Mitgliedsstaaten der Konsum zugenommen hat. In Deutschland haben unter den jungen Erwachsenen zwischen 18 und 24 Jahren nur 1,8% innerhalb der letzten 12 Monate Kokain konsumiert, 4,1% mindestens einmal in ihrem Leben.
Unter den Personen, die zum ersten Mal in den ambulanten Beratungsstellen betreut werden also bereits problematische Konsummuster ausgebildet haben sowie bei den Konsumzahlen junger Erwachsener in Deutschland spielen die so genannten Stimulantien, wie Amphetamine und Ecstasy, eine größere Rolle als Kokain. Tim Pfeiffer-Gerschel: Unter den 18- bis 24-Jährigen sind in Deutschland sowohl Amphetamine als auch Ecstasy nach wie vor etwas populärer als Kokain. Dieses Bild fügt sich in den europäischen Gesamteindruck: In den Ländern östlich und nördlich von Deutschland sind Amphetamine populärer als Kokain in den westlichen und südlichen Ländern ist dies umgekehrt.
Positiv ist, dass der Amphetaminkonsum bei den 18- bis 24-Jährigen im Vergleich zu 2003 nicht weiter angestiegen ist. 2,4% dieser jungen Erwachsenen haben innerhalb der letzten 12 Monate Amphetamine konsumiert, 5,4% mindestens einmal in ihrem Leben. Der Konsum von Ecstasy ist dagegen seit 2000 sogar kontinuierlich zurückgegangen. Nur noch 1,9% der 18- bis 24-Jährigen haben innerhalb des letzten Jahres Ecstasy konsumiert (2000: 2,9%).
Nach wie vor ist die HIV-Infektionsrate unter den injizierenden Drogenkonsumenten in Deutschland relativ niedrig. Sie liegt etwa zwischen 3 bis 7%. Das ist auf die Substitutionsangebote und niedrigschwelligen Hilfen wie Spritzenvergabeprogrammen oder Drogenkonsumräumen zurückzuführen.
Eine große Zahl von Drogenkonsumenten ist mit Hepatitis infiziert. 60 bis 80% insbesondere der injizierenden Drogenkonsumenten sind mit Hepatitis C infiziert. Drogenkonsumenten spielen eine zentrale Rolle bei der Ausbreitung von Hepatitis B und C.
Dazu erklärt Sabine Bätzing: Die Prävention und Behandlung von Hepatitis-Erkrankungen stellt weiterhin eine große Herausforderung für unser Hilfesystem dar. Es gibt bereits einige Projekte zur Aufklärung über die Übertragungsrisiken. Besonders die behandelnden Substitutionsärzte sollten ihren direkten Kontakt mit den Drogenabhängigen zur Information nutzen. Auch die Hepatitis B-Impfung sollte häufiger durchgeführt werden. Mittlerweile gibt es auch gute Behandlungsmethoden, die auch bei Abhängigen gut durchführbar sind.”
Ergänzend zu den zahlreichen Projekten und Aktivitäten im Versorgungsbereich, gibt es in Deutschland auch eine lebendige und umfassende Forschungslandschaft, die sich mit vielfältigen Aspekten des Drogenkonsums, seiner Verbreitung, Entstehung, Aufrecht-erhaltung und Determinanten seiner Beendigung befasst. Zu einer umfassenden Analyse der Forschungsaktivitäten der EU-Mitgliedsstaaten, die von der EBDD in diesem Jahr durchgeführt wurde, konnte Deutschland zahlreiche Projekte und Erfahrungen beitragen.
Weitere Informationen zu Projekten für besonders gefährdete Kinder und Jugendliche sowie die Berichte und Materialien der DBDD und EBDD unter http://www.drogenbeauftragte.de , Berichte und Materialien auch unter http://www.dbdd.de