Berlin – Knorpelschäden bei Kindern gibt’s zum Glück nicht sehr häufig. Existieren sie jedoch, sollten sie unbedingt adäquat behandelt werden. Allzu oft erfolgt das Gegenteil mit dem Gedanken: „Bei Kindern wird sowieso wieder alles gut“. Doch das ist ein Trugschluss. Denn sie haben ihr ganzes Leben noch vor sich. Unbehandelt können Knorpelschäden Jahre später zu Arthrose und prognostisch mit 40 Jahren schon zu einer Knieprothese führen. Was bei kindlichen Knorpelschäden zu tun ist, darüber referiert Dr. Klaus Ruhnau, Vorstand des Qualitätskreis Knorpel-Repair und Gelenkerhalt (QKG) auf dem 13. Zeulenrodaer Kongress für Orthopädie und Sportorthopädie (ZKOS)
Neuen Studien zufolge haben rund 107 von 100.000 Kindern Knorpelschäden am Kniegelenk. Die Hauptursachen sind Unfälle im Sport und in der Bewegung. Häufig zum Beispiel im Fußball, wenn Kinder sehr jung in die Leistungsligen „gesteckt“ werden und für den Stand ihrer momentanen körperlichen Entwicklung zu intensiv trainieren. Weiterhin gibt es Kniescheibenverrenkungen, wenn die knöcherne Rinne des Knies zu flach angelegt ist oder aber die Kniescheibe zu hoch steht. Die Kniescheibe kann dann ´beim in die Hocke gehen´ und umdrehen herausspringen. Durch diese Verrenkung können schwere Knorpel- und sogar Knorpel-Knochenverletzungen entstehen.
Dr. Klaus Ruhnau mahnt: „Die Ursache dieser Schäden muss immer mitbehandelt werden. Das sind aber zum Teil komplexe Behandlungsverfahren. Deshalb ist es wichtig, frühzeitig einen Spezialisten aufzusuchen. Denn die Symptomdauer ist gleichzeitig der Prognose-Faktor. Je länger die Symptome schon anhalten, desto schlechter kann das Behandlungsergebnis werden. Und: auch je mehr Vorbehandlungen es schon gab, desto schlechter ist die Prognose für eine vollständige Heilung.“
Therapiemöglichkeiten gibt es auch für die jüngsten Patienten schon viele.
Dabei steht die konservative Therapie, soweit sinnvoll, immer an erster Stelle. Eine in aller Regel 6-wöchige Entlastung, danach Belastungsvermeidung mit adäquater Krankengymnastik und regelmäßiger Erfolgskontrolle gehören dazu. Bei kleinen Knorpeldefekten und noch offenen
Wachstumsfugen und einem frühen Grad der Schädigung sind dabei sehr gute Ergebnisse zu erwarten.
Ist der Schaden größer, oder liegt eine Osteochondrosis dissecans – eine Knorpel-Knochenerkrankung im fortgeschritteneren Stadium – vor, muss operativ therapiert werden. „Bei der Osteochondrosis dissecans, für die es mehrere Ursachen gibt, entsteht der Schaden immer erst am
Knochen, ehe er auf den Knorpel übergeht“, so Ruhnau. Häufig liegt gleichzeitig ein Vitamin-D-Mangel vor, der unbedingt abgeklärt werden muss.
Operativ kommen neben Knochenanbohrung mit dünnen Drähten als Mikrofrakturierung „light“, der Einsatz eines Knorpel-Knochenzylinders, die Fixation mit Schrauben bei Knorpel-Knochenläsionen oder eine Knorpeltransplantation infrage.
Letztere ist ein aufwändiges zweizeitiges Verfahren (zwei Operationen) welches bei Defekten ab 2cm eingesetzt wird. Bei der ersten Operation wird hierbei Knorpel aus einer unbelasteten Region entnommen und im Labor vermehrt. In einer zweiten Operation wird der gezüchtete Knorpel in den Defekt eingesetzt. Mit dieser Technik erzielt man selbst bei großen Defekten sehr gute Langzeitergebnisse. Die Knorpeltransplantation ist inzwischen für Kinder mit geschlossenen Wachstumsfugen zugelassen und bei offenen Wachstumsfugen in besonderen Fällen einsetzbar.
Auch eine Knorpeltherapie mit kleinsten Knorpelchips, das sogenannte Minced Cartilage, ist ein vielversprechendes Verfahren. Hier wird sogar nur eine OP benötigt. Allerdings gibt’s zu dieser Methode noch keine gute Studienlage. Deshalb sollte sie bei Kindern allenfalls im Rahmen von Studien zur Anwendung kommen.
Fazit: Entscheidend für den Behandlungserfolg ist die frühzeitige korrekte Diagnosestellung eines Knorpelschadens und die kind – und stadiengerechte Therapie, wenn nötig mit gleichzeitiger Behandlung der Begleiterkrankungen.