Düsseldorf – Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) warnt vor Versorgungsengpässen von Corona-Patienten, wenn das neue System der Freihaltepauschalen nur einen Teil der Kliniken berücksichtigt. Weil nur wenige besonders ausgestattete Krankenhäuser die Pauschale beanspruchen können, gingen etwa zwei Drittel der Krankenhäuser, die COVID-19-Patienten in Nordrhein-Westfalen behandeln, leer aus, erklärt KGNW-Präsident Jochen Brink.
Der Grund liegt in der von der Bundesregierung getroffenen Entscheidung, zunächst nur den Kliniken der höheren Notfallstufen 2 und 3 bei einer Auslastung von mehr als 75 Prozent der Intensivbetten die Freihaltepauschale zu gewähren. Alle anderen Krankenhäuser werden nur bei einer Überlastung dieser Intensivkapazitäten finanziell unterstützt. Voraussetzung ist außerdem eine hohe 7-Tage-Inzidenz von mehr als 70 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner.
„Diese bürokratische Regelung kann schnell dazu führen, dass schwer erkrankten Corona-Patienten eine Odyssee zu freien Behandlungsplätzen droht, weil Kliniken der Notfallstufe 1 keine Betten freiziehen können, ohne in existenzgefährdende Liquiditätsengpässe zu geraten“, mahnt Brink. Ohne eine klare unbürokratische Regelung fehle Krankenhäusern der Notfallstufe 1 die Grundlage, dauerhafte Behandlungsreserven frei zu halten. Dabei sei in der Sache nachvollziehbar, dass sich eine solche Regelung auf Krankenhäuser beschränke, die zum Beispiel aufgrund einer steigenden Inzidenz voraussichtlich auch COVID-19-Patientinnen und -Patienten behandeln werden. Deshalb müsse der Minister kurzfristig den Expertenbeirat einberufen, um absehbare Versorgungsengpässe zu vermeiden.
Grundsätzlich begrüßt die KGNW, dass Bundesrat und Bundestag eine Neuauflage der Freihaltepauschalen beschlossen haben. Das sei ein wichtiges Element, um der zweiten COVID-19-Welle zu begegnen, sagt Brink. Jetzt komme es darauf an, mit pragmatischen Lösungen alle erforderlichen medizinischen Kapazitäten einsatzbereit zu halten. Deshalb müsse die Freihaltepauschale alle Kliniken einschließen, die zur stationären Behandlung von Corona-Patienten benötigt werden. Die jetzt gewählte Regelung löse mehr Irritationen aus, als sie Klarheit schaffe: „Mit dieser Bürokratie kann man der Corona-Pandemie nicht Herr werden“, kritisiert Brink. Er vertraue aber auf die Zusage von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn aus dem Frühjahr 2020, dass aufgrund der Corona-Pandemie kein Krankenhaus in finanzielle Turbulenzen geraten würde.
Brink betont, die Krankenhäuser bräuchten nicht nur in der Bewältigung der akuten Pandemie, sondern auch in Hinblick auf das Jahr 2021 Planungssicherheit. Dafür müssten die laufenden Verhandlungen über die Höhe des vom Bund beschlossenen Ausgleichs für wirtschaftliche Verluste zügig abgeschlossen werden. Minister Spahn stehe dabei im Wort, dass künftige durch Corona bedingte Einnahmeausfälle ausgeglichen werden.