München – Warum der Bundesverband Niedergelassener Kardiologen (BNK) eine Arbeitsgruppe zur Erforschung von geschlechtsspezifischen Besonderheiten bei Herzerkrankungen und deren Risikofaktoren gegründet hat.
Auch und besonders im Bereich der Medizin ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern vielfach größer als gemeinhin angenommen wird: Bei Krankheiten und auf Therapien reagieren Männer- und Frauenkörper häufig sehr verschieden. Das wird zunehmend deutlich, je mehr Ergebnisse die sogenannte “Gendermedizin” vorlegen kann eine noch junge Fachdisziplin, die medizinische Aspekte nach geschlechtsspezifischen Kritierien erforscht. Aktuell beziehen sich viele Projekte auf die Frauengesundheit kein Wunder, denn gegenüber den Männern gibt es noch einiges aufzuholen. Besondere Aufmerksamkeit gilt derzeit den kardiovaskulären Risikofaktoren.
Beim Bundesverband Niedergelassener Kardiologen (BNK) widmet sich inzwischen eine neue Arbeitsgruppe dem Thema Gendermedizin. “Zu Unrecht werden Herzinfarkte und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen noch immer primär als Männerangelegenheit betrachtet. In Deutschland sind aber auch bei Frauen seit 2002 nicht mehr Krebserkrankungen, sondern Herzinfarkte und Schlaganfälle die häufigsten Todesursachen. Doch während bei Männern die Sterberate kontinuierlich sinkt, sinkt sie bei Frauen deutlich weniger und steigt zwischen dem 40. und 55. Lebensjahr sogar an”, berichtet die Ludwigsburger Kardiologin Irmtraut Kruck, die die BNK-Arbeitsgruppe ins Leben gerufen hat. Da Frauen seltener kardiologisch untersucht werden als Männer und sie sowohl in Medikamentenstudien als auch in Reha-Maßnahmen unterrepräsentiert seien, wisse man im Fall von Herz-Kreislauf-Erkrankungen jedoch noch viel zu wenig über die Unterschiede, so Kruck weiter.
Aktuell führt die BNK-Arbeitsgruppe Gendermedizin eine geschlechtsspezifische Analyse der Registerdaten durch. Gegenstand weiterer Untersuchungen sind unter anderem der Zusammenhang zwischen der Einnahme von Verhütungsmitteln mit hohen Östrogen- und Gestagenanteilen und dem späteren Auftreten von Bluthochdruck und Thrombosen sowie die Frage, wie sich kardiale Vorerkrankungen, zum Beispiel die koronare Herzkrankheit (KHK) und Herzklappenfehler, in der Schwangerschaft auswirken können.
Stress, eine ungesunde Ernährung sowie vor allem Rauchen sind die Hauptgründe, weshalb das Herzinfarktrisiko auch bei Frauen signifikant zugenommen hat. Besonders stark sind sie nach den Wechseljahren gefährdet, bis zum etwa 50. Lebensjahr bieten Östrogene eine Art natürlichen Schutz. Wie jedoch in umfangreichen Studien nachgewiesen wurde, können Hormonbehandlungen die Infarktrate nicht verringern, vielmehr steigt stattdessen das Brustkrebsrisiko. Am ersten Infarkt sterben Frauen fast doppelt so häufig wie Männer. Nicht selten bleibt der Infarkt sogar unentdeckt, obwohl die Symptome bei beiden Geschlechtern in etwa dieselben sind.
“Anders als Medienberichte und Broschüren mitunter vermitteln, treten Schmerzen in der Brust und im Arm, Kurzatmigkeit, Schwitzen, Schwindel, Übelkeit und Angstgefühle bei Männern wie Frauen gleichermaßen auf. Allerdings bringen Frauen die typischen Symptome viel seltener mit einem Herzinfarkt in Verbindung, weshalb sie oft nicht schnell genug behandelt werden können”, erläutert Norbert Smetak, der Vorsitzende des BNK. Kommt es zu entsprechenden Beschwerden, sollte daher immer sofort der Notruf 112 verständigt werden.