Erkelenz – Stellungnahme von Dr. Heribert Brück, Pressesprecher des Bundesverbandes Niedergelassener Kardiologen (BNK) zu Behauptungen des AOK Bundesverbandes, wonach insbesondere Fachärzte Kassenpatienten systematisch benachteiligen sollen.
Aus einer vom AOK Bundesverband in Auftrag gegebenen Online-Befragung, die als Studie präsentiert wird, glaubt man ableiten zu könnnen, dass insbesondere Fachärzte von ihren 52 Wochenarbeitsstunden zu wenige für Kassenpatienten aufwenden. Befragt wurden insgesamt 322 Haus- und Fachärzte, darunter 17 fachärztliche Internisten (Nephrologen, Diabetologen, Angiologen und Kardiologen). Bereits im Juli war im Spiegel zu lesen, dass gesetzlich Versicherte deutlich länger auf einen Termin beim Facharzt warten müssten als Privatpatienten, wobei es am schwierigsten sei, “zu einem Kardiologen durchzudringen. Dort müssen Kassenpatienten im Schnitt rund 71 Tage warten, Privatpatienten 19.” Dies habe wiederum eine Umfrage der AOK Rheinland/Hamburg ergeben.
Der Bundesverband Niedergelassener Kardiologen (BNK) weist derart unqualifizierte, unrichtige und diffamierende Unterstellungen entschieden zurück. Derartige Behauptungen zeigen lediglich, dass diejenigen, die sie aufstellen und öffentlich verbreiten, von der Realität nicht viel Ahnung haben können. Sie erhalten zwar viel Geld dafür, dass sie kreative Ideen entwickeln sollen; sie liefern aber nichts weiter als Stammtischparolen.
Allzu gerne wird in schöner Regelmäßigkeit der Eindruck erweckt, dass unter anderem wir Kardiologen gesetzlich versicherte Patienten mutwillig benachteiligten. In Wahrheit leiden die Ärzte genauso unter der unerträglichen Situation. Sie arbeiten zum Teil mehr als Hälfte ihrer Arbeitszeit unbezahlt, um das System überhaupt noch am Laufen zu halten. Dabei ist zu betonen, dass alle Patienten, die nach Einschätzung des Hausarztes kurzfristig einen Termin benötigen, diesen auch erhalten unabhängig von ihrem Versicherungsstatus. Ausdrücklich muss darauf hingewiesen werden, dass es sich bei den in der Studie des AOK Bundesverbandes erwähnten Terminen um elektive Termine handelt.
Selbstverständlich freuen wir uns, dass auf Seiten der Kassen endlich der Mehrbedarf kardiologischer Lesitungen registriert wird, der durch eine qualitativ bessere Medizin und eine alternde Bevölkerung gerade im Fall von Herz-Kreislauferkrankungen ja auch objektiv besteht. Ein Ausweichen auf die Kliniken ist jedoch keine Lösung: einerseits kosten die Leistungen dort mehr, andererseits wird der Entzug von Mitteln die Situation im KV-Bereich noch mehr verschärfen. Hierfür eine angebliche Bevorzugung von Privatpatienten als Ursache anzuführen, ist jedenfalls eine billige Methode, die sich mit nur ein wenig Nachdenken leicht widerlegen lässt: Der Privatpatientenanteil einer Praxis beträgt durchschnittlich etwa 10 Prozent. Würde man Termine zu 100 Prozent an Kassenpatienten vergeben, wäre damit keine nennenswerte Entspannung zu erzielen die Praxen wären jedoch nicht mehr existenzfähig. Kurioserweise hat die AOK Selektivverträge mit kardiologischen Praxen abgeschlossen, durch die AOK-Patienten bevorzugt Termine erhalten. Dieser Sachverhalt wird geflissentlich verschwiegen, und nicht nur die BNK-Kardiologen dürften sich fragen, ob die AOK einen Sündenbock braucht, um geplante Zusatzbeiträge zu rechtfertigen.
Dr. med. Heribert Brück Erkelenz, 6. September 2011