Berlin – Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) behauptet, dass die Weiterbildung für die hausärztliche Versorgung wegbreche und lenkt damit von der eigenen Verantwortung ab. In den zehn Jahren von 2002 bis 2011 entfielen jedoch rund 20 Prozent der Weiterbildungsabschlüsse auf Hausärztinnen und Hausärzte.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) berichtet, dass weniger als zehn Prozent der Weiterbildungsabschlüsse auf Hausärzte entfallen würden. „Diese Angabe ist falsch, denn zu den Hausärzten zählen nicht nur die Fachärzte für Allgemeinmedizin, sondern auch die Fachärzte für Innere- und Allgemeinmedizin sowie die Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin“, stellt Professor Heyo Kroemer, Vorsitzender der Deutschen Hochschulmedizin, klar.
Nach der Statistik der Bundesärztekammer wurden im Jahr 2011 insgesamt 11.548 Facharztbezeichnungen anerkannt. Darunter waren 759 für Allgemeinmedizin, 539 für Innere und Allgemeinmedizin sowie 633 für Kinderheilkunde (Kinder- und Jugendmedizin). Insgesamt handelt es sich um 1.931 Facharztanerkennungen für Hausärztinnen und Hausärzte. Dieser Anteil entspricht 17 Prozent aller Weiterbildungsabschlüsse.
Im Durchschnitt der Jahre 2002 bis 2011 waren es 2.300 Facharztanerkennungen. In den zehn Jahren entfielen somit rund 20 Prozent der Weiterbildungsabschlüsse auf Hausärzte. Hinzu kommt, dass rund 40 Prozent der Fachärzte für Innere Medizin (Internisten) hausärztlich tätig sind.
KBV entzieht sich der Verantwortung
„Für die Struktur und Inhalte der Weiterbildung sind die Ärztekammern und nicht die Universitäten verantwortlich“, erläutert Rüdiger Strehl, Generalsekretär des Verbands der Universitätsklinika. „Für lukrative Arbeitsbedingungen, angemessene Bezahlung, vernünftige Arbeitszeiten, fachärztlichen Austausch und die Infrastruktur vor Ort für Hausärztinnen und Hausärzte müssen die sorgen, die den Sicherstellungsauftrag haben. Das ist die KBV. Eine faire Planung und Bedarfszulassung, die die unterversorgten Gebiete bevorzugt, wäre sicher hilfreich.“
„Die öffentlichen Vorwürfe gegenüber den Universitäten sollen lediglich von der eigenen Verantwortung der KBV ablenken. Die KBV versucht der Hochschulmedizin den „Schwarzen Peter“ zuzuschieben, statt Verantwortung dafür zu übernehmen, dass bundesweit eine angemessene Versorgung gegeben ist, gerade auch für den Bereich der hausärztlichen Versorgung“, sagt Heyo Kroemer.
„Das verzerrte Bild erzeugt die KBV nicht nur durch die Auswahl unvollständiger Datensätze, sondern auch durch eine Stichtagsbetrachtung. Es ist unseriös, das Jahr 2005 als Vergleichsmaßstab heranzuziehen. Im Jahr 2005 gab es einen Spitzenwert, da bis dahin unter fünfjährige Weiterbildungen zugelassen werden konnten“, ergänzt Rüdiger Strehl, Generalsekretär des Verbands der Universitätsklinika.
Waren es 2005 einmalig 3.506 Fachärzte für Allgemeinmedizin und für Innere- und Allgemeinmedizin, betrug dieser Wert im Fünfjahresdurchschnitt davor gerade einmal 1.840, also nur rund die Hälfte des einmaligen Spitzenwertes. Betrachtet man mehrere Jahre, gibt es keine Abnahme beim hausärztlichen Nachwuchs.
Die Bereitschaft, sich als Hausärztin oder Hausarzt niederzulassen, ist hoch!
Zum Ende des Medizinstudiums können sich immerhin 35 Prozent der Studierenden eine hausärztliche Tätigkeit in einer eigenen Praxis vorstellen. „Durch die Verlängerung der Weiterbildungszeiten und die wachsenden Teilzeittätigkeiten dürfte es inzwischen jedoch zu zeitlichen Verschiebungen bei den Abschlüssen kommen. Solche Veränderungen dürfen nicht ausgeblendet werden“, gibt Heyo Kroemer zu bedenken.
Die Universitäten leisten einen hohen Beitrag zur Motivation einer späteren hausärztlichen Berufstätigkeit. Die erneute Studienreform von 2012 verlängert das Blockpraktikum Allgemeinmedizin und führt eine Pflichtfamulatur in der hausärztlichen Versorgung ein. Ferner wird die Allgemeinmedizin im Praktischen Jahr gestärkt. In der Ausbildung ist dieser Bereich also gerade ausgebaut worden. Die Maßnahmen können aber jetzt noch keine Auswirkungen zeigen.
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