„Müssen erst Patientinnen und Patienten zu Schaden kommen?“
In einer erneuten Krisensitzung haben die fachärztlichen Labore Deutschlands in der vergangenen Woche ihren entschiedenen Widerstand gegen die Laborreform 2025 bekräftigt. Die geplante EBM-Reform, die drastische finanzielle Kürzungen für die Labore vorsieht, bedroht die Grundlagen der labordiagnostischen Patientenversorgung in Deutschland. Die Pläne der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) gefährden sowohl die Existenz fachärztlicher Labore als auch die rechtzeitige Versorgung von Patientinnen und Patienten, nicht nur in strukturschwachen Regionen. Der Berufsverband Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM e.V.) und der Berufsverband für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie (BÄMI e.V.) protestieren seit Monaten gemeinsam gegen die Entscheidung der KBV und fordern eindringlich eine Kurskorrektur. Aus dem Kreis ihrer zuweisenden Haus- und Fachärztinnen und -ärzte sowie der Krankenhäuser und ebenso von Patientinnen und Patienten erfahren sie zunehmend Unterstützung für ihr Anliegen. Die Verbände drängen weiterhin auf eine Aussetzung der Reform, um eine bedarfsgerechte und patientenorientierte Neuausrichtung zu ermöglichen. Die Facharztlabore äußern zunehmende Besorgnis und haben bereits mehrfach konstruktive Vorschläge zum Umgang mit der Krisensituation vorgelegt.
„Es ist unverständlich, warum die Kassenärztlichen Vereinigungen und die KBV die Umsetzung dieser Reform ohne Rücksicht auf die massiven Bedenken und fundierten Vorschläge der betroffenen Fachkreise sowie vieler unterstützender Kolleginnen und Kollegen aus anderen medizinischen Fachrichtungen durchsetzen möchten. Die geplanten Kürzungen bei der Laborvergütung gehen direkt zulasten der Patientinnen und Patienten und riskieren eine Unterversorgung – das darf nicht geschehen. Müssen denn erst Patientinnen und Patienten zu Schaden kommen, weil die Laborversorgung reformbedingt nicht mehr wie gewohnt verfügbar ist?“, fragt Dr. Michael Müller, der 1. Vorsitzende des ALM e.V. „Mit diesem Vorgehen gefährden KBV und KVen die Versorgung von Patientinnen und Patienten. Es ist fraglich, ob den Entscheidern die möglichen Kollateralschäden dieser Reform vollständig bewusst sind. Wollen wir tatsächlich riskieren, dass Patientinnen und Patienten oder die einsendenden Praxen, nicht nur in strukturschwachen Regionen, mit längeren Wartezeiten auf Befunde konfrontiert werden? Dies könnte schwerwiegendere Folgen haben, und die Leidtragenden wären letztlich die Patientinnen und Patienten“, ergänzt Müller.
Sollten die Beschlüsse tatsächlich umgesetzt werden, bleibt den Laboren wegen der Reform und den damit verbundenen Regeln der KBV zur Honorarverteilung nur der erzwungene Ausweg, die Verfügbarkeit der Laborversorgung einzuschränken, um die wirtschaftlichen Folgen der Reform abzumildern. Mögliche Konsequenzen für die labormedizinische Patientenversorgung wären:
- Einschränkungen bei der Probenlogistik (Abholung und Transport)
- Verringerung der Analysefrequenzen und daraus resultierend verlängerte Zeiten bis zur Befunderstellung
Dies hätte Verzögerungen in der Diagnosestellung akuter Infektionen und anderer Erkrankungen zur Folge, was die allgemeine Versorgungsqualität für Patientinnen und Patienten erheblich beeinträchtigen könnte. „Wollen die Verantwortlichen in den KVen wirklich, dass zulasten der Qualität der Versorgung Finanzmittel aus der Laborversorgung abgezogen werden und die mit den Reformbeschlüssen verbundenen erheblichen Verwerfungen in der Honorarverteilung dazu führen, dass Labore geschlossen werden? Es stehen genug Finanzmittel für die Laborversorgung zur Verfügung. Sie sollten auch dafür verwendet werden. Versicherte und Patienten verlassen sich darauf“, warnt Prof. Dr. med. Jan Kramer, Internist und Laborarzt sowie stellvertretender Vorsitzender des ALM e.V.
„Ohne Not und ohne Zeitdruck riskiert die KBV mit der beschlossenen Laborreform die State-of-the-Art-Diagnostik von Infektionspatienten in Deutschland. Eine Verzögerung der Infektionsdiagnostik sowie eine nicht auszuschließende, zukünftige Verwendung qualitativ schlechterer, preiswerterer Tests für die Diagnosestellung würden zu erheblichen Defiziten in der gegenwärtigen, qualitativ hochwertigen Diagnostik führen“, kommentierte Prof. Dr. med. Ralf Ignatius, stellvertretender Vorsitzende des Berufsverbandes der Ärzte für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie (BÄMI e.V.), die drohenden Folgen der Reform.
Steigende Kosten und sinkende Vergütungen gefährden die Versorgungssicherheit
„Die Laborreform 2025 würde den seit 15 Jahren andauernden Abbau der Vergütung für Laborleistungen weiter verschärfen. Insgesamt haben die Labore trotz hoher Investitionen und stark steigender Kosten in diesem Zeitraum einen Honorarverlust von über 30 Prozent hinnehmen müssen – während sich die Kosten der Leistungserbringung im Vergleich zu den Jahren vor der Pandemie, wie in vielen anderen Bereichen auch – um mehr als 30 Prozent erhöht haben. Dies ist nicht länger tragbar und führt die Labore in eine wirtschaftlich bedrohliche Lage. Besonders die Versorgungssicherheit in strukturschwächeren Regionen wird durch die Pläne der KBV gefährdet“, ergänzt der stellvertretende ALM-Vorsitzende Kramer.
„Seit Jahren ist medizinische Labordiagnostik in Deutschland mit einem Kostenanteil von unter 3 Prozent an den Gesundheitsausgaben außerordentlich kosteneffizient. Fest steht: Ohne Labormedizin ist eine qualitätsgesicherte Patientenversorgung unmöglich. Diese Realität ist in der ärztlichen Versorgung allgemein bekannt, und so erhalten unsere Forderungen auch Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichsten Fachrichtungen“, so Kramer abschließend.
Junge Ärztinnen und Ärzte im Labor: „Nicht tolerierbare Gefährdung der labormedizinischen Versorgung in Deutschland“
Auch die Mitglieder der Arbeitsgruppe Junge Ärztinnen und Ärzte im Labor des ALM e.V. appellieren in einem am Montag veröffentlichten Brief an die Kassenärztlichen Vereinigungen, die geplante Reform auszusetzen. Die drastischen Honorarkürzungen würden die labormedizinische Versorgung in Deutschland gefährden und seien nicht hinnehmbar. Die Sprecher Dr. Nathalie Winkler und Dr. Fabian Lobmeyer warnen zudem vor einer massiven Einschränkung der Innovationsfähigkeit der Labormedizin, welche die Zukunftssicherheit des Gesundheitssystems ernsthaft bedrohe.
Weitere Informationen zur geplanten Laborreform 2025 finden Sie auf unserer Themenseite.
### TERMINHINWEIS FÜR DIE MEDIEN
Fokusveranstaltung 2024 (hybrid)
„Medizinische Labordiagnostik ist lebenswichtig:
patientenzentriert, qualitätsorientiert, intersektoral!“
Montag, 11. November 2024 | 18.00 – 20.00 Uhr
Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart
Invalidenstraße 50–51
10557 Berlin
Informationen und Anmeldung: www.alm-ev.de/fokusveranstaltung-2024
Über den ALM e.V.
ALM e.V. ist der Interessenverband der akkreditierten medizinischen Labore in Deutschland. Der Verband vertritt derzeit über 200 medizinische Labore mit mehr als 1.000 Fachärzt:innen, rund 500 Naturwissenschaftler:innen und etwa 25.000 qualifizierten Mitarbeiter:innen. Der Zweck des Vereins ist die Förderung und Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen labormedizinischen Patientenversorgung in Deutschland. Der Zweck des Vereins ist die Förderung und Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen labormedizinischen Patientenversorgung in Deutschland. Die Mitglieder des Verbandes sichern eine flächendeckende Patientenversorgung, auch in strukturschwachen Gebieten. Die Mitgliedslabore sind nach der höchsten Qualitätsnorm für medizinische Laboratorien (DIN ISO EN 15189) akkreditiert und erfüllen uneingeschränkt die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung labormedizinischer Untersuchungen (RiliBÄK).