Heidelberg – In der aktuellen Ausgabe des International Journal of Cancer (IJC) geht es unter anderem um die Frage, wie die Diagnose “Krebs” die Familienplanung beeinträchtigt. Weitere Themen sind neue Ziele für Antikörper-Therapien in der Krebsmedizin und die Suche nach Ursachen bösartiger Tumoren der Schamlippen. Die neue Ausgabe des IJC erscheint am 15. Dezember.
Moderne Therapien ermöglichen es, viele krebskranke Kinder zu heilen. Unklar ist jedoch, inwieweit diese Therapien die Fähigkeit beeinträchtigen, später selbst Kinder zu zeugen. Laura-Maria Madanat und ihre Forscherkollegen vom finnischen Krebsregister ermittelten aus den Daten des finnischen Krebsregisters knapp 26.000 Krebspatienten, die zum Zeitpunkt der Diagnose zwischen 0 und 34 Jahre alt waren, sowie deren Geschwister (etwa 45.000 Personen). Die Forscher verglichen beide Gruppen hinsichtlich ihres Nachwuchses. Es zeigte sich, dass die Krebspatienten nach der Behandlung durchschnittlich nur halb so viele Kinder bekommen wie ihre gesunden Geschwister. Krebskranke jedoch, die zum Zeitpunkt der Diagnose bereits ein Kind hatten, bekamen danach fast genauso oft ein zweites Kind wie nicht-krebskranke Menschen. Die Wahrscheinlichkeit, Kinder zu bekommen, hing bei den Krebspatienten zudem davon ab, in welchem Alter die Diagnose gestellt wurde. Die Autoren hoffen, mit ihren Ergebnissen zu einer besseren Familienplanung für junge Krebspatienten beizutragen.
Die Krebsmedizin setzt heute stark auf die Antikörper-Therapie. Sie beruht darauf, dass sich Krebszellen von gesunden Zellen in ihrer Proteinausstattung unterscheiden. Mit Hilfe von Antikörpern – Eiweiße, die hochspezifisch an bestimmte andere Eiweiße binden – kann man die Krebszellen selektiv zerstören, wobei das gesunde Gewebe nicht oder kaum in Mitleidenschaft gezogen wird. Paolo Conrotto von der ETH Zürich und seine Forscherkollegen untersuchten jetzt menschliche Darmkrebs-Gewebeproben und identifizierten 67 Proteine, die in den Blutgefäßen der Tumoren häufiger vorkommen als in normalem Darmgewebe. Besonders auffällig sind dabei die Proteine Cathepsin G, Emilin-1, NGAL und GW112: Sie werden in der Mehrzahl der Tumoren deutlich stärker produziert als in gesundem Gewebe. Außerdem sind sie über den Blutkreislauf leicht zugänglich, was sie zu vielversprechenden Zielen für intravenös verabreichte Antikörpertherapien macht.
Die Ursache des Vulvakarzinoms, einem bösartigen Tumor der Schamlippen, ist noch nicht bekannt. Mediziner unterscheiden zwei Formen: Eine Form, die oft bei jüngeren Frauen auftritt, ist in den meisten Fällen begleitet von einer Infektion mit humanen Papillomviren (HPV). Die andere Form entwickelt sich unabhängig von einer Infektion, besonders häufig bei Patientinnen, die älter als 60 Jahre sind. Die beiden Formen haben jeweils typische Vorstufen, die sich auch molekularbiologisch voneinander unterscheiden, wie niederländische Forscher jetzt herausfanden: Neben dem Erbgut des Virus fanden die Forscher bestimmte für das Zellwachstum wichtige Proteine, wie etwa p53, nur bei dem einen, nicht aber dem anderen Typ. Die Forscher vermuten deshalb, dass die beiden Formen des Vulvakarzinoms unterschiedliche Ursachen haben. Die identifizierten Proteine könnten sich aber auch als Marker eignen, um die beiden Vorstufen des Vulvakarzinoms voneinander und von anderen, äußerlich ähnlichen Erkrankungen abzugrenzen.
Hoevenaars et al. A panel of p16INK4A, MIB1 and p53 proteins can distinguish between the 2 pathways leading to vulvar squamous cell carcinoma. DOI: 10.1002/ijc.23857 Conrotto et al. Identification of new accessible tumor antigens in human colon cancer by ex vivo protein biotinylation and comparative mass spectrometry analysis. DOI: 10.1002/ijc.23861 Madanat et al. Probability of parenthood after early onset cancer: A population-based study. DOI: 10.1002/ijc.23842
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