Berlin – Auf der Suche nach den zellulären und molekularen Ursachen der Multiplen Sklerose hat ein italienisch-deutsches Forscherteam eine Untergruppe von schützenden Immunzellen (Suppressorzellen) nachgewiesen, die bei Patienten aus bisher noch unbekannten Gründen sehr stark verringert sind. Diese Suppressorzellen tragen auf ihrer Oberfläche ein Merkmal, kurz CD39 genannt, und bauen den von zerstörtem Gewebe freigesetzten Energieträger ATP ab. Auf diese Weise scheinen sie Entzündungen einzudämmen, welche im Verlauf der Erkrankung im zentralen Nervensystem entstehen. Mit CD39 haben Dr. Giovanna Borsellino vom Labor für Neuroimmunologie der Fondazione Santa Lucia in Rom (Italien) und Dr. Olaf Rötzschke sowie Dr. Kirsten Falk vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch zum ersten Mal einen zellulären Marker identifiziert, dessen Abwesenheit direkt mit der Entstehung der Krankheit in Verbindung gebracht werden kann. Wie sie in der amerikanischen Fachzeitschrift Blood (Vol. 110, Nr. 4, pp. 1225-32, 2007) berichten, könnte der Grad der Verringerung von CD39-Zellen dabei helfen, die Krankheit besser zu diagnostizieren. Bisher wird die Erkrankung durch den Nachweis von Antikörpern in der Hirnflüssigkeit diagnostiziert oder mit Hilfe der Kernspintomographie. Die Zukunft wird zeigen, ob die neue Erkenntnis auch für die Entwicklung einer Therapie nutzbar sein kann.
Bei der Multiplen Sklerose zerstören fehlgeleitete autoreaktive Immunzellen die isolierende Hüllschicht der Nervenfasern, so dass die Weiterleitung von Nervenzell-Signalen gestört ist. Bei Gesunden hält das Abwehrsystem solche amoklaufenden Immunzellen unter anderem durch die spezielle Gruppe der Suppressorzellen, auch regulatorische T-Zellen genannt, in Schach.
Erst kürzlich haben Wissenschaftler der Universität Heidelberg herausgefunden, dass Patienten mit Multipler Sklerose nicht genügend regulatorische T-Zellen nachbilden können, so dass die überschießende Abwehraktion des Immunsystems nur unzureichend gebremst wird. Weiter haben Forschergruppen in Europa und den USA zeigen können, dass kleinste Veränderungen in der Bauanleitung zweier Gene das Risiko an Multipler Sklerose zu erkranken, leicht erhöhen. Diese Gene enthalten die Bauanleitung für die Oberflächenmarker CD25 und CD127 auf regulatorischen T Zellen. Sie werden auch als Interleukin 2 bzw. Interleukin 7 bezeichnet und steuern die Aktivierung dieser Immunzellen.
*Expression of ectonucleotidase CD39 by Foxp3+ Treg cells: hydrolysis of extracellular ATP and immune suppression
Giovanna Borsellino1, Markus Kleinewietfeld2, Diletta Di Mitri1, Alexander Sternjak2, Adamo Diamantini1, Raffaella Giometto1, Sabine Höpner2, Diego Centonze3, Giorgio Bernardi3, Maria Luisa DellAcqua4, Paolo Maria Rossini4, Luca Battistini1, Olaf Rötzschke2 and Kirsten Falk2
Present address: 1Laboratory of Neuroimmunology, Fondazione Santa Lucia, Via del Fosso di Fiorano 65, 00143 Rome, Italy; 2Max-Delbrück-Center for Molecular Medicine (MDC), Robert-Rössle-Str. 10, D-13125 Berlin, Germany; 3Neurology Unit, Universita di Roma Tor Vergata, Via Montpellier 1 Rome Italy, 4Neurology Unit, University of Rome Campus Biomedico, Rome, Italy
Corresponding authors: Kirsten Falk*, Olaf Rötzschke Max-Delbrück-Center for Molecular Medicine (MDC), Robert-Rössle-Str. 10, D-13125 Berlin, Germany; Tel: +49 30 9406, 3664, FAX: +49 30 9406 2394 ; falk@mdc-berlin.de, roetzsch@mdc-berlin.de
Blood First Edition Paper, prepublished online April 20, 2007; DOI 10.1182/blood-2006-12-064527
Weitere Informationen: http://bloodjournal.hematologylibrary.org http://www.nature.com (“Suppression strategy”) http://www.jimmunol.org http://www.nature.com http://www.nature.com http://content.nejm.org http://content.nejm.org