Weinheim – Das Leberzell-Präparat der Cytonet GmbH und Co. KG erhält von der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) eine IND (Investigational New Drug application). Damit genehmigt die FDA erstmalig ein klinisches Studienprogramm mit dem Leberzellpräparat in den USA. Diese Entscheidung basiert u.a. auf der Analyse der Zwischenergebnisse einer bereits in Deutschland laufenden Studie bei Neugeborenen mit Harnstoffzyklusdefekten. Cytonet wird umgehend die klinische Studie SELICA (Safety and Efficacy of Liver Cell Application)-III in den USA beginnen. Ziel dieser offenen, prospektiv kontrollierten Multizenter-Studie ist es, die Sicherheit und Wirksamkeit der Leberzelltherapie bei Kindern mit Harnstoffzyklusdefekt (UCD) aufzuzeigen. In die SELICA-III-Studie sind fünf Therapiezentren sowie 10 aktiv zuweisende und weiter behandelnde Zentren eingebunden.
Diese klinische Phase-II-Studie ist die zweite klinische Studie zur Leberzelltherapie bei Kindern mit Harnstoffzyklusdefekten. Die Vorgängerstudie SELICA-II läuft seit ca. 1 Jahr in Deutschland. Auf eine sechsmonatige Behandlungs- und Beobachtungsphase mit möglichst frühzeitiger Infusion des humanen Leberzellpräparats folgt ein 18-monatiges Follow up. Eingeschlossen in die Studie werden Säuglinge, Kleinkinder und Kinder bis zum fünften Lebensjahr, die an einer schweren Verlaufsform folgender Harnstoffzyklusdefekte erkrankt sind: Ornithin-Transcarbamylase (OTC)-Mangel, Carbamoylphosphat-Synthetase I (CPS I)-Mangel oder Argininosuccinat-Synthetase (ASS)-Mangel, Citrullinämie. Cytonet wird bei der Durchführung der SELICA-III-Studie in den USA durch das gemeinnützige amerikanische Harnstoffzykluskonsortium National Urea Cycle Disorders Foundation unterstützt.
In Hinblick auf die derzeit in Deutschland laufende SELICA-II-Studie bestärkt uns die FDA-Entscheidung in unserer bisherigen Erfahrung mit der Leberzelltherapie, dass diese Methode auf dem besten Wege ist, ihren Beitrag zur Behandlung von schwerstkranken Patienten zu leisten, kommentiert der Leiter des SELICA-II-Studienprogramms Prof. Dr. med., Prof. h.c. (RCH) Georg Friedrich Hoffmann, Universitätsklinikum Heidelberg.
Über Harnstoffzyklusdefekte und die Leberzelltherapie Harnstoffzyklusdefekte sind schwerwiegende und lebensbedrohliche Störungen des Ammoniak (NH3)-Stoffwechsels der Leber. Dazu gehörender Carbamoylphosphat-Synthetase I (CPS)-Mangel, der N-Acetylglutamat-Synthetase (NAGS)-Mangel, der Ornithin-Transcarbamylase (OTC)-Mangel, der Argininosuccinat-Synthetase (ASS)-Mangel – auch Citrullinämie genannt, der Argininosuccinat-Lyase (ASL)-Mangel und der Arginase 1-Mangel (Hyperargininämie). Die Harnstoffzyklusdefekte beruhen auf Fehlfunktionen verschiedener Enzyme, die an der NH3-Entgiftung beteiligt sind. Bei den Betroffenen wird das neurotoxische NH3 nicht zu Harnstoff verstoffwechselt und ausgeschieden. Es akkumuliert in Blut und Gewebe und führt – abhängig vom Schweregrad der Erkrankung – zu schweren Schädigungen der Nerven und des Gehirns, bis hin zum Tod. Kinder mit einem unbehandelten Harnstoffzyklusdefekt können sich kaum körperlich und geistig normal entwickeln. Da die Transplantation einer ganzen Leber bzw. eines Leberlappens als derzeit einzige kurative Maßnahme bei Neugeborenen äußerst problematisch ist und geeignete Spenderorgane zudem selten sind, wird seit einigen Jahren die Behandlung mit infundierten, aus nicht transplantablen Spenderlebern isolierten und aufbereiteten Hepatozyten erforscht und weiterentwickelt. Cytonet arbeitet dabei in enger Kooperation mit international führenden neonatologischen und pädiatrischen Stoffwechselzentren. Generelles Ziel ist eine wirksame Kompensation des Stoffwechseldefektes durch die Infusion gesunder, voll Stoffwechselkompetenter humaner Leberzellen in die Pfortader des erkrankten Kindes.
Über Cytonet Die Cytonet-Gruppe ist ein international tätiges Biotech Unternehmen mit Standorten in Weinheim, Heidelberg, Hannover und Durham (North Carolina, USA) mit derzeit 60 Mitarbeitern. Das Unternehmen entwickelt, produziert und vermarktet zelltherapeutische Produkte, die unter Nutzung speziell aufbereiteter menschlicher Zellen bei vielen Erkrankungen schonende Alternativen zu bestehenden Therapieverfahren wie der Organtransplantation ermöglichen oder dem Patienten das Überleben bis zu einer Transplantation sichern können. Bei dem von Cytonet entwickelten Verfahren werden aus Spenderlebern die Leberzellen in einem komplexen Verfahren schonend isoliert und aufgereinigt. Bei den verwendeten Organen handelt es sich in erster Linie um Lebern, die nicht zur Transplantation geeignet sind. Daneben liefert Cytonet Blutstammzell- und Knochenmarkspräparationen für die Therapie von Leukämien und weiteren Tumorerkrankungen. Geschäftsführer sind Dr. Dr. Wolfgang Rüdinger und Dipl.-Kfm. Michael J. Deissner. Gegründet wurde Cytonet durch die Ausgliederung des Bereiches Zelltherapie aus dem Roche Konzern im April 2000. Die maßgebliche Beteiligung hält die Familie Dietmar Hopp.