Wiesbaden – Etwa 200.000 Menschen konsumieren in Deutschland Schätzungen zufolge illegale opiathaltige Substanzen, die sie injizieren oder auf andere riskante Weise konsumieren. Für diese opiatabhängigen Menschen gibt es mit der Substitutionstherapie eine effizienzbasierte erfolgreiche Behandlungsform. In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Substitutionspatienten, die diese Therapie in Anspruch nehmen, auf heute 75.400 angestiegen. Der Bedarf wächst weiter, aber die Zahl behandelnder Ärzte stagniert, so dass ein Versorgungsengpass droht. Um die Substitutionstherapie besser zu erklären und mehr Ärztinnen und Ärzte für die Substitutionstherapie zu gewinnen, wurde jetzt eine Initiative Substitutionstherapie gestartet. Sie wird von einer breiten Gruppe von Unterstützern aus Medizin, Politik und Fachverbänden getragen. Federführend sind die Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin, die Deutsche AIDS-Hilfe und akzept, unterstützt von der Bundesärztekammer, der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans, sowie Gesundheitspolitikern aller im Bundestag vertretenen Parteien.
Die Initiative im Überblick:
• Mehr Ärzte für die Behandlung Opiatabhängiger Patienten gewinnen
• Substitutionstherapie ist evidenzbasiert
• Informationen und Unterstützung für die Praxis
• Neue Website www.bitte-substituieren-sie.de online
Substitutionsbehandlung – Eine Erfolgsgeschichte mit Zukunftsängsten
Mit der Initiative soll für eine effektive evidenzbasierte Therapieform geworben werden. Substitutionstherapie verbessert die Compliance, verhindert Neuinfektionen mit HIV und Hepatitis und trägt deutlich zur Senkung der Mortalitätsrate bei. Darüber hinaus kann die Substitutionsbehandlung die Grundlage für eine gänzliche Opiatfreiheit schaffen. Studien zeigen, dass ohne Substitution oder nach Abbruch einer Substitution 2- bis 3-mal häufiger Todesfälle auftreten als während der Substitution (Degenhardt et al. 2011).
Positiv ist auch der Effekt auf die Mortalitätsrate. „Neudiagnostizierte HIV-Infektionen bei iv Drogenkonsumenten verringern sich kontinuierlich“, weiß Dirk Schäffer, Leiter Fachbereich Drogen und Strafvollzug in der Deutschen AIDS-Hilfe und verweist auf Studien des Robert-Koch-Instituts. Danach hat sich der Anteil der iv Drogenkonsumenten an der Gesamtzahl der HIV-Neuinfektionen im Jahr 2011 auf 3,2 Prozent vermindert. Dieser Wert hatte bis zum Jahr 2000 noch bei 10,1 Prozent (RKI 2011) gelegen.
„Die Substitutionstherapie leistet als ganzheitliches Konzept einen maßgeblichen Beitrag zur Re-Sozialisierung heroinabhängiger Menschen in die Arbeitswelt und Gesellschaft. Sie senkt die Kriminalitätsrate und auch volkwirtschaftlich ist sie nachweislich effektiv“, resümiert Heino Stöver vom Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit (akzept) und Mitinitiator.
„Wir wollen mit dieser vernetzten Initiative über die nachweislichen Erfolge der Substitutionstherapie aufklären. Es geht uns aber auch darum, alle im Suchthilfesystem Tätigen enger miteinander zu verbinden. Dazu bauen wir ein Mentoren-Netzwerk auf, damit die neuen Kollegen von Anfang an gut eingebunden sind und auf sicherem Boden einen medizinischen und auch gesellschaftlich wichtigen Beitrag leisten können“, so Markus Backmund, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin (DGS) und ebenfalls Mitinitiator.
Versorgungsengpass droht – insbesondere auf dem Lande
Trotz der beschriebenen Erfolge der Substitutionsbehandlung sehen wir uns in Deutschland zusehends mit Problemen und Versorgungsengpässen konfrontiert. Insbesondere im kleinstädtischen und ländlichen Bereich ist bereits heute die medizinische Versorgung von Opiatkonsumenten nicht mehr sichergestellt. Während sich die Zahl der Patienten in den letzten zehn Jahren verdoppelt hat, ist die Anzahl der Ärzte in diesem Zeitraum auf dem gleichen Niveau geblieben. Dies bedeutet, dass die Anzahl der Patienten pro Arzt stetig steigt. Die negative Berichterstattung und rigide gesetzliche und kassenrechtliche Rahmenbedingungen tragen dazu bei, dass sich kaum Mediziner von diesem Indikationsgebiet angesprochen fühlen. Mit dem Wissen, dass in den nächsten Jahren viele aktuell substituierende Ärzte aufgrund ihres Alters in den Ruhestand gehen werden, sind strategische Maßnahmen umso dringender erforderlich.
Kritische Passivität verlassen – Die Initiative Substitutionstherapie
Genau an dieser Stelle will die Initiative Substitutionstherapie ansetzen und für diese effektive evidenzbasierte Therapieform werben. Erklärtes Ziel ist es, mehr Ärztinnen und Ärzte für die Substitutionstherapie von behandlungsbedürftigen opiatabhängigen, chronisch kranken Menschen zu gewinnen. „Wir wollen aufzeigen, dass diese Arbeit so erfolgreich und befriedigend sein kann wie kaum eine andere somatisch-medizinische Behandlung“, betont Markus Backmund.
Darüber hinaus gilt es in einem nächsten Schritt, Vorbehalte und Vorurteile gegenüber diesem Indikationsgebiet sowohl in der Fachöffentlichkeit als auch in der allgemeinen Öffentlichkeit zu reduzieren: Opiatabhängigkeit ist eine behandlungsbedürftige, schwere chronische Erkrankung (Bundesärztekammer 2010). Und ihre Behandlung ist ein Menschenrecht (WHO 2009).
Kernelemente der Kampagne zur Gewinnung von Ärzten zur Substitutionsbehandlung:
• Neue Webseite www.bitte-substituieren-sie.de
• Anzeigen in medizinischen Fachzeitschriften
• Briefmailings an niedergelassene Haus- und Fachärzte
• Aufbau eines Mentoren-Netzwerks zur Unterstützung neuer Substitutionsmediziner
• Starter-Paket mit wichtigen Informationen und praktischen Hilfen für die Praxisarbeit
Breites Bündnis für die Sicherstellung der Versorgung Opiatabhängiger
Die besondere Stärke der Initiative liegt darin, dass es erstmals gelungen ist, für die Behandlung opiatabhängiger Menschen ein breites Bündnis von Unterstützern aus Politik, Fachverbänden der Drogen und AIDS-Arbeit , Bundesärztekammer, medizinischen Fachgesellschaften, Wissenschaft, Partnern der Industrie sowie Patientenorganisationen zu gewinnen. Nachdruck erhält die Initiative auch durch die Unterstützung der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans, sowie von Gesundheitspolitikern aller Bundestagsfraktionen.
Im Vorfeld des Starts der Initiative wurden von den Initiatoren – Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin, Deutsche AIDS-Hilfe und akzept – viele Gespräche mit Entscheidungsträgern aus fast allen gesellschaftlichen Bereichen geführt. Die Darstellung von Hintergrund, Ziel und Zweck der Initiative wurde ohne Ausnahme positiv bewertet. Dies trug bereits im Vorfeld des Kampagnenstarts entscheidend dazu bei, die Substitutionsbehandlung authentisch abzubilden.
Das Mentoren-Netzwerk bestehend aus erfahrenen Suchtmedizinern, Psychologen und Wissenschaftlern deckt bereits jetzt weite Teile der Republik ab. Die Schaltung von Anzeigen, die Versendung von Informationsmaterialien und die Vorstellung der Ziele des Initiativkreises in medizinischen Fachzeitschriften soll maßgeblich dazu beitragen, Hausärzte und Ärzte anderer Fachrichtungen über die Substitutionsbehandlung zu informieren und sie für die Behandlung Opiatabhängiger zu gewinnen.
Ein erstes Fazit
Bereits jetzt kann ein erstes positives Fazit gezogen werden: „Durch diese Initiative wurde der Pfad der kritischen Passivität verlassen. Die Kampagne bedeutet Aktivität und wird mit der Darstellung der gesundheitlichen, sozialen und gesellschaftlichen Effekte, die die Substitutionsbehandlung generiert, dazu beitragen, Meinung und Haltung in der Fachöffentlichkeit zu verändern“, sind sich die Initiatoren sicher. Sie sind überzeugt, dass die überwältigende Zustimmung zur aktiven Mitwirkung Indiz dafür ist, dass eine solche Initiative erforderlich und erfolgversprechend ist.
Zum IKS
Im Initiativkreis Substitutionstherapie haben sich medizinische Fachgesellschaften, die Bundesärztekammer, Wissenschaftler und Fachverbände der Drogen und AIDS-Arbeit sowie Patientenorganisationen und Partner der Industrie zusammengeschlossen. Den Initiatoren um Markus Backmund, Heino Stöver und Dirk Schäffer ist es gelungen, auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans, sowie Gesundheitspolitiker aller Bundestagsfraktionen als Unterstützer zu gewinnen. Mit der ab Mai 2013 laufenden Kampagne sollen in gemeinsamen Aktionen Ärztinnen und Ärzte für die Substitutionstherapie von immer mehr behandlungsbedürftigen opiatabhängigen, chronisch kranken Menschen gewonnen werden.
Die Initiatoren
PD Dr med. Markus Backmund, Vorsitzender, Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin
Prof. Dr. Heino Stöver, Vorsitzender, Akzept e.V.
Dirk Schäffer, Leiter Fachbereich Drogen und Strafvollzug, Deutsche AIDS-Hilfe e.V.
Unterstützt von Sanofi (educational grant)
Kampagnenmaterial
Gerne stellen wir Ihnen die Anzeigenmotive „Danke, dass Sie substituieren“ und „Bitte substituieren Sie“ für eine Veröffentlichung zur Verfügung.