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Individuelle Prognose durch genetische Analyse von Hirntumorzellen

Gemeinsame Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums und des Universitätsklinikums Heidelberg

Heidelberg – Die Analyse von Veränderungen im Erbgut von Ependymomen, einer relativ häufigen Gruppe von Hirntumoren, ermöglicht den behandelnden Ärzten eine präzisere Vorhersage des Krankheitsverlaufs. Ihre Ergebnisse stellten die Forscher um Dr. Stefan Pfister vom Deutschen Krebsforschungszentrum und Universitätsklinikum Heidelberg im Journal of Clinical Oncology vor.

“Mit diesem Fund sind wir im Sinne des Patienten ein Stück weiter gekommen”, freut sich Dr. Stefan Pfister zusammen mit seinen Kollegen Professor Andrey Korshunov und Dr. Hendrik Witt vom Deutschen Krebsforschungszentrum und Universitätsklinikum Heidelberg. “Nun können wir neue und individuelle Behandlungsansätze für Patienten mit biologisch unterschiedlichen Ependymomen entwickeln. Die spezifischen Veränderungen an den Chromosomen können wir als Marker einsetzen, die uns Aufschluss darüber geben, wie intensiv die Behandlung für verschiedene Patientengruppen sein muss.”

Die Forscher untersuchten das Tumormaterial von 292 Patienten, die an einem Ependymom, dem zweithäufigsten Gehirntumor im Kindesalter, erkrankt waren. Es wurden nur Patienten mit den bislang gebräuchlichen WHO-Tumorstadien Grad 2 und 3 in die Studie eingeschlossen. Jedoch gibt diese Einteilung des Ependymoms wenig Anhaltspunkte darüber, wie schwierig die Erkrankung zu behandeln sein wird.

Die Patienten werden zunächst operiert. Dabei kann es schwierig sein, den Tumor vollständig zu entfernen, da er häufig nahe am Hirnstamm oder anderen lebenswichtigen Strukturen wächst. Bislang sieht die Behandlung für jüngere Kinder eine anschließende Chemotherapie vor, ältere werden bestrahlt. Die Altersgrenze lag in der vorgestellten Studie bei 4 Jahren, weil man bei Kleinkindern die schädlichen Spätfolgen einer Bestrahlung des sich noch entwickelnden Gehirns befürchtete.

Die Forscher untersuchten die entnommenen Tumorzellen im Vergleich zu gesunden Zellen und fanden charakteristische Veränderungen an den Chromosomen, den Trägern des Erbmaterials, in den Hirntumorzellen. Dabei beobachteten sie regelmäßig einen Zugewinn oder aber das Fehlen ganzer Chromosomen oder chromosomaler Abschnitte. Anschließend verglichen die Forscher die Aussagekraft dieser Veränderungen in Bezug auf das Überleben mit den bereits bekannten Prognose-Faktoren. Hierzu zählen Rückfall der Erkrankung, Alter zum Zeitpunkt der Erkrankung, Geschlecht, Lage des Tumors im Gehirn, WHO-Tumorstadium und die Tatsache, ob bei der Operation noch Tumorgewebe zurückbelassen werden musste.

Dabei fanden sie heraus, dass neben einem jungen Alter bei der Diagnose die Kenntnis der individuellen Veränderungen am Erbgut der Tumorzellen sehr genaue Rückschlüsse auf den Krankheitsverlauf zulassen. So gehen etwa Zugewinne auf dem langen Arm von Chromosom 1 sowie der Verlust tumorunterdrückender Gene mit einem relativ schlechten Therapieansprechen einher, sodass für diese Patienten zukünftig neue oder ergänzende Therapieoptionen gefunden werden müssen. Dagegen war der komplette Verlust des Chromosoms 6 oder Zugewinne auf den Chromosomen 9, 15 oder 18 mit einem längeren Überleben der Patienten assoziiert. Weitere Untersuchungen müssen zeigen, ob die Ärzte diesen Patienten möglicherweise einige belastende Therapien ersparen können.

Ein Bild zur Pressemitteilung steht im Internet zur Verfügung unter: http://www.dkfz.de

Bildunterschrift: Fluoreszenz-Aufnahme von Zellen eines Hochrisiko-Hirntumors (Ependymom): Den Verlust von Erbmaterial erkennt der Wissenschaftler an den nur einfach vorhandenen roten bzw. grünen Punkten. In einer gesunden Zelle würde man zwei Signale jeder Farbe (= 2 Kopien jeder spezifischen DNA) erwarten.

Literatur: A. Korshunov et al: Molecular Staging of Intracranial Ependymoma in Children and Adults. J Clin Oncol 28. DOI:10.1200/JCO.2009.27.3359

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland und Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren. Über 2.200 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, davon 1000 Wissenschaftler, erforschen die Mechanismen der Krebsentstehung und arbeiten an der Erfassung von Krebsrisikofaktoren. Sie liefern die Grundlagen für die Entwicklung neuer Ansätze in der Vorbeugung, Diagnose und Therapie von Krebserkrankungen. Daneben klären die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Krebsinformationsdienstes (KID) Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Das Zentrum wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert.

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 10.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 40 Kliniken und Fachabteilungen mit ca. 2.000 Betten werden jährlich rund 550.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.400 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland.

Diese Pressemitteilung ist abrufbar unter http://www.dkfz.de