Mainz – Neues Lehrkonzept macht Studierende des Fachbereichs Universitätsmedizin fit für die besonders schwierige Versorgung schwerstverletzter Patienten
Jedes Jahr tragen rund 35.000 Deutsche bei Unfällen schwerste, gleichzeitig erlittene Verletzungen verschiedener Körperregionen davon. Diese Menschen werden als Polytraumata bezeichnet und somit als lebensbedrohlich verletzt eingestuft. Die Versorgung dieser Patienten gilt als große Herausforderung. Es sind dabei Ärzte unterschiedlicher Fachdisziplinen eingebunden. Ein neues Lehrprojekt an der Universitätsmedizin Mainz zielt darauf ab, den Ärztenachwuchs in die Lage zu versetzen, in einer solchen Ausnahmesituation sicher zu handeln. Die angehenden Ärzte sollen im Team die richtigen Entscheidungen treffen können – zum Wohle des Patienten. Das neue Lehrprojekt mit dem Namen „Praktisches Jahr – Trauma-Team“ wird gegenwärtig als Pilotprojekt in das Studium integriert.
Bei der Versorgung polytraumatisierter Patienten geht es buchstäblich oft um Leben und Tod. Es kommt dabei nicht nur auf medizinisches Know How und technische Fertigkeiten der einzelnen Mitarbeiter an. Da, wo Notärzte, Anästhesisten, Unfallchirurgen, Radiologen und Pflegekräfte Hand in Hand unter enormen Stressbedingungen arbeiten, ist die Zusammenarbeit im Team ein ganz entscheidender Faktor für den Behandlungserfolg. Genau an dieser Stelle setzt das neue Lehrkonzept im Praktischen Jahr des Medizinstudiums an der Universitätsmedizin Mainz an: „Um bei der Versorgung lebensbedrohlich gefährdeter Menschen im Team als Einzelner optimal zu funktionieren, ist besonders wichtig, dass man neben dem Wissen und den praktischen Fertigkeiten eine effektive Kommunikation beherrscht. Eine effektive Kommunikation zu vermitteln, ist der zentrale Baustein unseres neuen Lehrkonzepts“, so Dr. Sebastian Kuhn, Oberarzt am Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie und Initiator des neuen Blended Learning Curriculums, und ergänzt: „Bislang zählten die „Kommunikation in Krisensituationen“ im Medizinstudium kaum zu den Lehrinhalten. Hier gab und gibt es Handlungsbedarf.“
Wie auch Piloten in der Luftfahrt sollten Ärzte die Grundsätze des Krisenmanagements – Crisis Resource Management (CRM) – beherrschen und üben. CRM bezeichnet die Fähigkeit, Wissen und Fertigkeiten auch unter ungünstigen Bedingungen eines Notfalls in wirksame Maßnahmen im Team umsetzen zu können. „Wir trainieren diese Aspekte im Rahmen von Simulationen in den Echträumen, um eine Entscheidungsfindung in komplexen Situationen zu üben, eine Weitergabe kritischer Informationen sicherzustellen und eine optimierte interdisziplinäre Teamzusammenarbeit zu erzielen. Letzten Endes dient das dazu, die Prozessabläufe bei der Versorgung schwer- und schwerstverletzter Patienten sicherer zu machen“, betont Dr. Kuhn.
Insgesamt basiert das neue Lehrkonzept auf drei Säulen: Vorbereitend erhalten die Studierenden im Rahmen von eLearning interaktive Fallbeispiele, um die medizinischen Inhalte und Fertigkeiten zu vermitteln. Dazu zählen unter anderem das Erlernen der körperlichen Erstuntersuchung nach dem ABCDE-Notfall-Schema und lebenssichernde Sofortmaßnahmen. Zum anderen durchlaufen die Studierenden einen 12-stündigen Simulationsunterricht im Schockraum der Notaufnahme. Hierbei stehen unter anderem das Erlernen der klinischen Erstuntersuchung im Team und die Notfall-Sonographie als ein standardisiertes Vorgehen mit dem Ultraschall auf dem Programm sowie die zeitkritische Interpretation von Röntgen- und CT-Bildern. Darüber hinaus erfolgt eine vierwöchige klinische Rotation, mit dem Ziel, die geübten Fähigkeiten unter Aufsicht umzusetzen. Die drei Säulen des neuen Lehrkonzepts bedingen einander beziehungsweise ergänzen sich. Aspekte der Kommunikation im Team zu vermitteln, ist in jeder Phase des neuen ´Blended Learning Curriculums´ zentraler Anspruch. Der Unterricht wird gemeinsam durch Mitarbeiter der Klinik für Anästhesiologie, der Klinik für Radiologie, dem Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie der Rudolf-Frey Lernklinik gestaltet.
„Auf dem schwierigen Feld – der Behandlung schwerverletzter Patienten – ist neben Kompetenz und Erfahrung auch die Fähigkeit, als Teamplayer zu agieren, fraglos wichtig. Hier wird dem neuen in hohem Maße innovativen Lehrkonzept im Medizinstudium in Mainz eine Schlüsselrolle zuteil“, zeigt sich der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin Mainz, Univ.-Prof. Dr. Ulrich Förstermann, überzeugt.
Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Rund 3.300 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz ausgebildet. Mit rund 7.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Universitätsmedizin zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im Internet unter www.unimedizin-mainz.de