Berlin – Mitmachkampagne #wissenverdoppeln der Deutschen Aidshilfe erreicht Etappenziel. Es gibt jedoch weiter große Wissenslücken und Vorurteile. Dritte Kampagnenstaffel startet im Herbst.
Rund 18 Prozent der Menschen in Deutschland wissen mittlerweile, dass HIV unter Therapie nicht mehr übertragbar ist. Das ergab eine repräsentative Bevölkerungsumfrage im Auftrag der Deutschen Aidshilfe mit über 1.000 telefonisch Befragten im April 2020.
Wissen verdoppelt
Die Mitmach-Kampagne #wissenverdoppeln der Deutschen Aidshilfe hat damit ihr erstes Etappenziel erreicht. Seit Herbst 2017 hat sich das Wissen bezüglich der Nicht-Übertragbarkeit nahezu verdoppelt. Damals stimmten bei einer Befragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gerade einmal 10 Prozent der wissenschaftlichen Tatsache zu.
Sogar gut ein Drittel (34%) der Befragten weiß heute, dass HIV-Medikamente auch die Übertragung von der Mutter auf das Kind bei der Geburt verhindern. (2017 wurde danach noch gar nicht gefragt.)
Dazu sagt Sylvia Urban vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe:
„Das ist eine großartige Nachricht: Mit vereinten Kräften ist es gelungen, diese erleichternde Information vielen Menschen bekannt zu machen. Die Aufklärung zur Nicht-Übertragbarkeit von HIV unter Therapie stößt auf großes Interesse. Auf diesen Erfolg bauen wir nun auf: Wir verdoppeln das Wissen, bis alle Bescheid wissen.“
Weiterhin Wissenslücken und Vorurteile
Während das Wissen zugenommen hat, sind Berührungsängste gegenüber Menschen mit HIV etwas zurückgegangen. Der Anteil der Menschen, die kein Geschirr mit HIV-positiven Menschen teilen möchten, ist zum Beispiel von 33% auf 24% gesunken.
Die Zahlen zeigen allerdings zugleich nach wie vor massive Wissenslücken, Unsicherheiten und Vorurteile bezüglich HIV. Denn im Alltag gibt es überhaupt kein Übertragungsrisiko – unabhängig von einer Therapie. Trotzdem scheuen 23% Befragten sogar die gemeinsame Nutzung von Sportgeräten im Fitnessstudio, 21% möchten nicht dieselbe Toilette nutzen wie Menschen mit HIV. Nur die Hälfte der befragten Menschen (48%) würden eine HIV-positive Person küssen, die ihnen sympathisch ist.
Unterm Strich möchten drei von zehn Befragten mit dem Thema HIV lieber nicht in Berührung kommen. Und unverändert zu 2017 meint ungefähr die Hälfte der Befragten, dass über Menschen mit HIV im Allgemeinen eher schlecht gesprochen wird.
DAH-Vorstand Sylvia Urban:
„Beim Kampf gegen Ignoranz und Diskriminierung bohren wir ein dickes Brett. Dabei gilt es immer wieder zu vermitteln: HIV ist im Alltag sowieso nicht übertragbar, unter Therapie nicht einmal beim Sex. Wir sind auf dem Weg zu einem entspannten Umgang zwischen HIV-positiven und negativen Menschen im Alltag. Nichts anderes als ein ganz selbstverständliches Zusammenleben ist angemessen.“
Wissen verdoppeln heißt Ängste verringern
Das Wissen von der Nicht-Übertragbarkeit verringert dabei Ängste vor HIV-positiven Menschen und damit Ablehnung und Diskriminierung. Ein offenes Klima mit immer weniger Angst fördert zugleich Kommunikation über HIV – und erleichtert damit den Schutz sowie den Gang zum HIV-Test. Der ist wiederum Voraussetzung für eine Therapie.
Neben der Hauptbotschaft vermittelt die Kampagne #wissenverdoppeln anhand von spannenden Lebensgeschichten außerdem die drastischen Veränderungen der letzten 25 Jahre: Menschen mit HIV können heute alt werden und in jeder Hinsicht leben wie alle anderen. Auch dieses Wissen trägt zur Entspannung bei.
Im Herbst geht die Kampagne in die dritte Runde.
Wissenschaftliche Tatsache
Dass HIV unter Therapie nicht übertragbar ist, beweisen mittlerweile mehrere große Studien. Beobachtet wurden Tausende gemischt HIV-positiv-negative Paare, die über 100.000 Male auf Kondome verzichteten, ohne dass es zu einer Übertragung kam.
Weitere Informationen:
Ergebnisbericht der Studie als PDF
Webseite #wissenverdoppeln
Vorgängerstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) anlässlich des Welt-Aids-Tages 2017