Düsseldorf – Nosokomiale Infektionen zu vermeiden sollte eines der wichtigsten Hygieneziele im Krankenhaus sein. Welchen Beitrag hierzu antimikrobielle Kupferbauteile leisten können, stellten Vertreter aus Wissenschaft und Klinik in einem Workshop beim 13. Kongress für Krankenhaushygiene der DGKH vor. Unter dem Vorsitz von Dr.-Ing. Anton Klassert, Deutsches Kupferinstitut Berufsverband e.V., gaben die Experten Einblick, welche Chancen der Werkstoff bietet, die Übertragung von Pathogenen auf Kontaktflächen durch den Einsatz von Kupferbauteilen zu minimieren.
Für die Vermeidung nosokomialer Infektionen sind wirksame Hygienekonzepte unerlässlich. Der verbreitete Wunsch nach dauerhafter und allumfänglicher Keimfreiheit für die unbelebte Krankenhaus-Umgebung ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar, das Erreichen eines solchen Zieles aber illusorisch. Dennoch sollten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, der „Keimfreiheit auf unbelebten Gegenständen“ möglichst nahe zu kommen.
„Internationale Laboruntersuchungen wie auch klinische Studien haben gezeigt, dass massives metallisches Kupfer hochwirksame antimikrobielle Eigenschaften besitzt“, so Anton Klassert in seinem Beitrag zum aktuellen Stand der Forschung und Praxis. Fortschritte in der Aufklärung der zu Grunde liegenden Inaktivierungsmechanismen von Krankheitserregern (Bakterien, Viren, Hefen) durch den direkten Kontakt mit massiven Kupferoberflächen (“Contact killing”) haben dazu beigetragen, dass sich der Werkstoff in seiner Wahrnehmung als Wirkstoff weiter durchsetzt. Es besteht allgemeiner Konsens, dass nach Kontakt mit metallischem Kupfer die gelösten Kupfer-Ionen und oxidativer Stress zu letalen Schäden in den Mikroorganismen führen, da deren zelleigene Schutz- und Reparaturfähigkeiten schnell überfordert werden. Erreger, die Kupfer- oder Edelstahlkontrolloberflächen ausgesetzt wurden, zeigten ähnlich niedrige Mutationsraten, was belegt, dass der Zellkontakt mit metallischem Kupfer keine genotoxische Wirkung hat.
„Contact killing“ erklärt den Wirkmechanismus
Diese Ergebnisse legen nahe, dass das genetische Material nicht den primären molekularen Angriffspunkt in der Zelle während des “Contact killing” darstellt. „Stattdessen erlaubten der Einsatz von mikroskopischen und Fettsäureanalysen die Formulierung eines alternativen Models, wonach die Zytoplasmamembran den dominierenden Schwachpunkt in den Kupferoberflächen-exponierten Bakterien bildet“, erläuterte der Verfahrenstechniker Klassert. Wahrscheinlich wird das schnelle “Contact killing” letztlich durch die massive Peroxidation der Membranlipide und damit einem Zusammenbrechen des zellulären Energiehaushalts und der strukturellen Integrität von (pathogenen) Mikroorganismen verursacht. Für Klassert stellen diese Ergebnisse die wissenschaftliche Erklärung der Wirkung von massiven Kupferoberflächen als zusätzliche Maßnahme für eine verbesserte Hygiene dar.
Massives Kupfer sowie einige seiner Legierungen mit mindestens 65 % Kupfergehalt erreicht als dauerhaft wirksames antimikrobielles Material eine Inaktivierung von Krankheitserregern innerhalb weniger Stunden. „Eingesetzt an häufig berührten Kontaktflächen, können die Metalle dazu beitragen, dass nicht nur die Keimbesiedlung deutlich minimiert wird, sondern auch die Rate nosokomialer Infektionen abnimmt“, resümierte Klassert und bezog sich dabei auf eine randomisierte Studie der Medical University of South Carolina.
Den Faktor Mensch berücksichtigen
Die Möglichkeiten und Grenzen der Krankenhaushygiene zeigte Prof. Dr. Jörg Braun, Ärztlicher Direktor der Park-Klinik Manhagen in Großhansdorf, auf. Er griff den multidimensionalen Ansatz auf, welcher eine optimale keimreduzierende „Hardware“ mit einem motiviertem und exzellent geschulten Personal kombiniert: „Hygiene ist dabei Teamarbeit, die auf gegenseitige Unterstützung berufsgruppenübergreifend setzt“. Zu aller erst ist eine ausreichende Personalstärke für das jeweilige Haus zu bestimmen und entsprechend vorzuhalten. Regelmäßige Fortbildungen in praktischer Hygiene müssen für das beauftragte Fachpersonal ebenso selbstverständlich in das Konzept integriert werden, wie die regelmäßige Mitarbeitermotivation aller in Medizin und Pflege tätiger Personen zum Einhalten der Hygienevorschriften. Ebenso muss auch die qualifizierte Schulung des Reinigungs- und Küchenpersonals mitbedacht werden.
„Eine wichtige Bedeutung kommt hierbei dem Betriebsarzt zu, der im Rahmen der Infektionsprävention die Händehygiene unter besonderer Berücksichtigung von Hautschutz und der Vorhaltung verschiedener Desinfektionsmittel zu bewerten hat“, betonte Braun. Im Rahmen von Arbeitsschutzmaßnahmen ist die Arbeitsbekleidung unter hygienerelevanten Kriterien zu beurteilen und ggf. anzupassen.
Kupfer ist Werkstoff und Wirkstoff zugleich
Auf die Ergebnisse der ersten Studie zur antimikrobiellen Wirkung von Kupfer unter dem Einfluss ausgewählter Desinfektionsmittel ging Dr. Klaus Ockenfeld, Referent für Umwelt und Gesundheit beim Deutschen Kupferinstitut, ein. „Aus dem Vergleich von Reaktionskinetik und Wirkmechanismus ist zu schließen, dass sich (desinfizierende) Wirkstoffe und (antimikrobielle) Werkstoffe hinsichtlich ihrer jeweiligen antimikrobiellen Kraft nicht negativ beeinträchtigen sondern – wahrscheinlich in Abhängigkeit vom Zielorganismus – mit einer kurzfristigen Verstärkung oder Beschleunigung der Wirkung gerechnet werden kann“, fasste Ockenfeld die Resultate zusammen.
Die Untersuchungen zu potenziellen gegenseitigen Einflüssen auf die jeweilige antimikrobielle Kraft konnten für keinen der untersuchten Fälle antagonistische Wirkungen aufzeigen. Erstaunlich aber war, dass in Einzelfällen sogar eine beschleunigte Wirkung des Desinfektionsmittels auf einem Kupferwerkstoff relativ zu einer Kontrolle beobachtet werden konnte. Da dieses Phänomen noch nicht zur Gänze geklärt werden konnte, wird dieses Inhalt weiterer Forschungsarbeiten sein.
Bautechnische Maßnahmen als Teil des gesamten Hygienekonzepts
Über Kupferbauteile im Krankenhaus und wie man deren individuelle Gestaltungsmöglichkeiten nutzen kann, sprach PD Dr. Rainer Markgraf, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Onkologie sowie Leitender Hygienebeauftragter am Allgemeinen Krankenhaus Hagen.
Die Klinik hat im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen häufig berührte Kontaktflächen auf der Kinder-Intensivstation mit Kupferbauteilen ausgestattet, um mit Blick auf Todesfälle bei Neugeborenen in deutschen Kliniken neue Wege in der Prävention nosokomialer Infektionen gerade für die jüngsten Patienten zu beschreiten. „Diese passiven Schutzmaßnahmen sind Teil des umfassenden Krankenhaus-Hygiene-Konzeptes, dessen Schwerpunkt im Bereich aktiver Präventionsmaßnahmen liegt“, erklärte Markgraf.
Die für Keimübertragung wichtigsten Quellen, Tür- und Fenstergriffe, wurden ab 2011 vollständig gegen Beschläge aus massiven Kupferlegierungen (> 60% Cu) ausgetauscht, Lichtschalter, Möbelbeschläge, WC-Taster und Bettenbügel als weitere Hotspots möglicher Keimübertragung seit 2013 schrittweise ersetzt. „Probleme gab es bei der Beschaffung, da der Markt bisher nur eine eingeschränkte Angebotspalette von Kupferbauteilen für bestehende Systeme anbietet. Hier mussten zum Teil individuelle Lösungen mit den Firmen May, Jung und Röll gefunden werden“, erinnerte sich Markgraf. Insgesamt entstanden für das Krankenhaus Mehrkosten, denen andernfalls hohe Kosten nosokomialer Infektionsfälle gegenüberstehen.
Probleme in der Anwendung gab es hingegen nicht. „Die Akzeptanz bei Personal, Patienten und Besuchern ist groß, gezielte Aufklärung vorausgesetzt“, betonte Markgraf. Und mit einem Blick in die Zukunft: „Die Nutzung von massiven Kupferbauteilen setzt sich in infektionskritischen Bereichen am AKH schrittweise durch – wir werden auch die Erwachsenen-Intensiv und die OP-Abteilung an infektionskritischen Stellen mit Kupferbauteilen ausstatten“.
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