Frankfurt am Main/Berlin – Der geplante Gesundheitsfonds verunsichert die Krankenkassen, motiviert sie aber auch dazu, neue Strategien zu entwickeln, wie eine Euroforum-Konferenz zum Gesundheitsfonds im Juli in Berlin zeigte. Die IKK-Direkt kündigte an, ein pro-aktives Versorgungsmanagement aufzubauen, während sich die Barmer Ersatzkasse vor allem auf das Vertragsgeschäft konzentrieren wolle. Im September, wenn die Strategieentwicklungen vorangeschritten sein dürften, kommen Vertreter beider Kassen sowie Experten der DAK, GEK, KKH kaufmännische Krankenkasse, AOK Baden-Württemberg und Techniker Krankenkasse erneut zusammen: Auf der IIR-Konferenz Krankenkassen im Umbruch (23. und 24. September 2008, Berlin) berichten sie über ihre aktuellen Pläne für eine neue Vertragswelt. Das Programm ist abrufbar unter: http://www.iir.de
Wie IMS Health ermittelte, droht dem Gesundheitsfonds selbst bei einem Einheitsbeitragssatz von 15 Prozent eine Unterfinanzierung. Ob sie diese Einschätzung teilen, wie sie die Konvergenzklausel umsetzen werden und sich grundsätzlich die Zukunft ihrer Kasse vorstellen, erörtern folgende Experten in einer Podiumsdiskussion: Dr. Cornelius Erbe (DAK), Dr. Christopher Hermann (AOK), Ralf Hermes (IKK-Direkt), Dr. Rolf-Ulrich Schlenker (GEK) und Dr. Johannes Vöcking (Barmer). Auch zur Schaffung einer neuen Vertragswelt und der Entwicklung des Kollektivrechts sowie des Vertragswettbewerbs nehmen sie Stellung. AOK-Vertreter Hermann erläutert außerdem die Direktverträge in der ambulanten Versorgung und beschreibt neue Gestaltungsmöglichkeiten der Kassen.
Einen harten Verdrängungswettbewerb unter den Kassen prognostizierten Experten auf der Gesundheitsfonds-Konferenz im Juli. Prof. Dr. Eberhard Wille, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim, führt auf der IIR-Veranstaltung seine Erwartungen an die Marktentwicklungen aus.
Morbi-RSA: BVA entkräftet Manipulationsbefürchtung
Das Bundesversicherungsamt (BVA) hat am 3. Juli das Berechnungsverfahren für den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) der Krankenkassen festgelegt. BVA-Präsident Josef Hecken präsentiert auf der IIR-Konferenz den aktuellen Stand der Arbeit an dem Modell und dessen Auswirkungen auf die Haushaltsplanungen der Kassen. Der Morbi-RSA bildet die wesentliche Grundlage für die Verteilung der Mittel des Gesundheitsfonds und fußt auf dem Prinzip, dass sich die Höhe der Zahlungen an eine Kasse nach dem Krankheitszustand ihrer Versicherten richten soll. Kritiker mahnen, das System sei anfällig für Manipulationen, da Ärzte oder Kliniken die Möglichkeit hätten, Versicherte kränker einzuordnen oder intensiver als nötig zu behandeln und dafür eine höhere Vergütung zu kassieren. Die BVA-Vizepräsidentin Sylvia Bohlen-Schöning entkräftet diese Bedenken: Zwar könnten Ärzte ihre Patienten kränker einstufen, als sie es seien. Den Nutzen hätte dann aber die Kasse, die über den Morbi-RSA einen höheren Zuschlag für den Patienten erhalten würde. Der Morbi-RSA werde auch weiterhin keinen vollständigen Ausgleich von Krankheitskosten bewirken, so Bohlen-Schöning weiter. Da die Fondsmittel begrenzt seien, werde das Geld lediglich genauer verteilt. (aerzteblatt.de, 16. Juli 2008)
Künftige Ausrichtung der Kassenärztlichen Vereinigungen
Die Gesundheitsexperten von Union und SPD machen Druck auf die Kassen, verstärkt Hausarztmodelle umzusetzen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wollen sie die Kassen zwingen, bis zum 30. Juni 2009 entsprechende Verträge geschlossen zu haben. (Süddeutsche Zeitung, 17. Juli 2008) Verhandlungspartner sollen nach der Meinung der Koalition künftig die Hausarztverbände sein. Damit wären die bislang zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) weitgehend außen vor. Über die strategische Neuausrichtung ihrer Institutionen berichten auf der IIR-Konferenz Vertreter der KV Hamburg und der KV Berlin.
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