München – Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml will Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen verstärkt vorbeugen. Huml betonte am Donnerstag anlässlich einer Fachtagung in Regensburg: “Wir müssen Kinder und Jugendliche stark machen. Sie sollen persönliche Schutzfaktoren und Kraftquellen entwickeln, um mit psychischen Belastungssituationen umgehen zu können.”
Die Ministerin fügte hinzu: “Es ist besorgniserregend, dass zum Beispiel Depressionen bei jungen Menschen zugenommen haben. Die Prävention von psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen steht deshalb mit im Vordergrund unseres diesjährigen Jahresschwerpunkts zur Kindergesundheit. Klar ist auch: Den Betroffenen muss so früh wie möglich geholfen werden. Deshalb ist es sehr wichtig, dass Eltern in solchen Fällen rasch handeln und einen Arzt einschalten.”
Die Ergebnisse des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KIGGS) des Robert-Koch Instituts haben gezeigt, dass bei Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 3 bis 17Jahren psychische Probleme in ähnlicher Häufigkeit auftreten wie bei Erwachsenen. Mit einer Reihe von Modellprojekten will das Bayerische Gesundheitsministerium die Widerstandsfähigkeit junger Leute gegen biologische, psychologische und psychosoziale Entwicklungsrisiken stärken.
Ein Beispiel dafür ist das Projekt “Paul ganz unten” der Ludwig-Maximilians-Universität München, in dem Informationsmaterialien für Jugendliche speziell zum Thema Depression erarbeitet wurden. Überprüft werden soll außerdem, ob es geeignete Screening-Instrumente gibt, um den behandelnden Kinderärzten die Diagnostik zu erleichtern. Diese Initiative wurde mit rund 238.000 Euro unterstützt.
Zudem fördert das Ministerium das Projekt “Primärprävention von Depression bei Kindern und Jugendlichen mit einem an Depression erkrankten Elternteil (PRODO)” der LMU von 2014 bis 2016 mit über 180.000 Euro. Huml erläuterte: “Ziel ist es, ein Präventionsprogramm für die ganze Familie zu entwickeln, um das Erkrankungsrisiko für eine depressive Störung bei den Kindern zu senken. Kinder und Jugendliche, bei denen ein Elternteil an einer Depression leidet, weisen ein zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko auf, selbst an einer depressiven Störung zu erkranken.”
Thema der Fachtagung “Frühe Hilfen – Kooperativ Bildung stärken und Kinder schützen” im Bezirksklinikum Regensburg war die Unterstützung von Kindern mit psychisch kranken Eltern. Huml lobte das in Bayern vorhandene Netzwerk der Frühen Hilfen, die sich insbesondere an Familien in schwierigen individuellen, sozialen oder ökonomischen Lebensverhältnissen wenden.
Die Ministerin unterstrich: “Frühe Hilfen tragen maßgeblich zum gesunden Aufwachsen von Kindern bei und leisten einen elementaren Beitrag zur Chancen- und Bildungsgerechtigkeit. Unser flächendeckendes bayerisches Konzept der Koordinierenden Kinderschutzstellen (KoKi) war so erfolgreich, dass es mittlerweile zum bundesweiten Standard geworden ist. Familien in belastenden Lebenslagen in Bayern werden auch durch den verstärkten Einsatz von Familienhebammen und vergleichbar qualifizierten Fachkräften aus dem Gesundheitswesen hervorragend unterstützt.”
In Bayern gibt es 100 regionale KoKi-Netzwerke im Verantwortungsbereich der 96 bayerischen Jugendämter. Ziel dieser Netzwerke ist, Überforderungssituationen von Eltern und andere Risikofaktoren für die kindliche Entwicklung und das Kindeswohl frühzeitig zu erkennen und passende Angebote zu unterbreiten. Die Eltern entscheiden freiwillig, ob sie die angebotene Hilfe und Unterstützung annehmen.
Huml ergänzte: “In Bayern gibt es seit 2008 eine gesetzliche Verpflichtung für Ärzte und für Hebammen, das Jugendamt einzubinden, wenn gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung vorliegen. Es ist bedauerlich, dass das Bundeskinderschutzgesetz für solche Fälle lediglich eine ‘Befugnis‘ zur Datenübermittlung vorsieht. Mein Ziel ist es, die Handlungspflicht zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung auf Bundesebene nach bayerischem Vorbild klarzustellen!”