Berlin – Anlässlich der heutigen Beratung des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestags zum Hospiz- und Palliativgesetz nimmt die zur Anhörung geladene Deutsche Schmerzgesellschaft e. V. Stellung (vgl. Anlage): „Möglichkeiten, aber auch Grenzen einer individuellen Schmerztherapie, sollten bei der Beratung zur Versorgungsplanung zum Lebensende (§ 132g SGB V) explizit aufgezeigt und der Versicherten- bzw. Patientenwille dokumentiert werden“ so der Schmerz-Präsident. Dazu bedarf der Gesetzesauftrag dringend der expliziten Klarstellung, dass die Beratung auch schmerztherapeutische Themen beinhaltet, fordert die Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. Zudem sollte die Umsetzung des neuen § 132 b SGB V durch die Einführung einer wissenschaftlichen Begleitforschung evaluiert werden.
Gelobt werden die Verfeinerung der Leistungsansprüche, Ausweitung der Fördermittel der Hospize sowie verbesserte Rahmenbedingungen einer stationären Palliativversorung durch die Option zur Herausnahme aus dem DRG-System. „Dies ist gut und nötig, denn die pauschale Vergütung im Fallpauschalen-System bildet den besonderen Bedarf, die erhöhte Verweildauer und die Verschiedenheit der Palliativpatienten nicht adäquat ab“, so Prof. Dr. Michael Schäfer. Insbesondere steht der DRG-systemimmanente Anreiz, die Liegedauer so kurz wie möglich zu halten, in eklatantem Widerspruch zu palliativmedizinischen Ansätzen, die eine individualiserte Therapieintensität und –dauer voraussetzen. Die Deutsche Schmerzgesellschaft e. V. weist darauf hin, dass auch für eine humane Schmerztherapie entsprechende Änderungen ergänzend separat eingeführt werden müssen (vgl. u. a. Stellungnahme zum KHSG).
„Leider beiinhaltet der Gesetzentwurf wesentliche Lücken, insbesondere in Hinblick auf die Qualitätsorientierung, so Schmerz-Präsident Prof. Schäfer. Es bleibt unklar, wie und anhand welcher Indikatoren die Verbesserung der Versorgungsqualität insgesamt bzw. in den einzelnen Leistungsbereichen bewertet werden soll. Auch die Vorgabe von Strukturvorgaben ist nur rudimentär. Diesbezüglich empfehlen wir
- Die Aufnahme einer Regelung, die den G-BA verpflichtet, Indikatoren zur Qualität der palliativmedizinischen, aber auch schmerzmedizinischen Versorgung zu entwickeln und dabei neben Struktur- und Prozess- insbesondere auch Ergebnisqualitätsparameter unter Einschluss von Patienten- und Angehörigenbefragungen zu prüfen,
- die Einrichtungen der palliativmedizinischen Versorgung motiviert bzw. verpflichtet werden, an einem einrichtungsübergreifenden Verfahren der Qualitätssicherung sowie an den Aufbau von entsprechend spezialisierten „Registern“ teilzunehmen.
Die Deutsche Schmerzgesellschaft e. V. unterstützt die Forderung der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin e. V. (DGP) nach verpflichtender Einsetzung eines „Palliativbeauftragten“:
Ein Palliativbeauftragter sollte verpflichtend eingeführt werden seitens aller Krankenhäuser, die gegenwärtig noch keinen multiprofessionellen Palliativdienst haben, der gemäß der fachlichen Sicht der DGP und des DHPV in allen Krankenhäusern ab einer Größe von etwa 200 Betten vorgehalten sein sollte.
In Hinblick auf den hohen Anteil Sterbender, die in Pflegeeinrichtungen betreut werden, ist es immens wichtig, in Pflegeeinrichtungen, auch im Kontext der palliativen Therapie, die Erkennung und Behandlung von Schmerzen zu verbessern. Besonderen Handlungsbedarf gibt es zudem bei dementiell erkrankten Sterbenden. Pflegeeinrichtungen sollten spezifisch qualifizierte Pflegefachkräfte (z. B. Pain-Nurse) vorhalten sowie in ihrer Organisation auf die Erkennung und Behandlung oftmals unnötiger Schmerzen, auch in der Palliativversorgung, fokussieren.
- Die Umsetzung der Expertenstandards akuter und chronischer Schmerz des DNQP ist derzeit leider nur lückenhaft. Wir empfehlen, die Einführung zu unterstützen, aber auch im Rahmen der Qualitätsberichterstattung zu messen und zu veröffentlichen.
- Die maßgeblichen Organisationen und Verbände der Pflege sollten institutionell mehr als bisher an den Beratungsprozess der Gremien des Gesundheitswesens, insbesondere beim G-BA, beteiligt werden.
Zudem sollten die Empfehlungen der im Februar 2015 publizierten Expertise der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und die Union der Deutschen Wissenschaften zur Behebung von Defiziten und Mängel der Forschung zur Palliativversorung von der Bundesregierung aufgegriffen werden.
Die Erarbeitung einer nationalen Palliativstrategie ist nötig und muss u. a. die Vorlage einer Forschungsagenda beinhalten. Die Deutsche Schmerzgesellschaft e. V. bittet den Gesetzgeber um eine entsprechende Resolution sowie um Veranlassung in den zuständigen Bundesministerien.