Berlin – Gemeinsame Pressemitteilung von Deutscher AIDS-Hilfe, Berliner Aids-Hilfe, Schwulenberatung Berlin und ZIK – zuhause im Kiez
Am Sonntag, dem 3.11.2013, wurde das Regenbogen-Café der HIV/Aids-Präventions-Organisation La Sky in St. Petersburg von schwulen- und lesbenfeindlichen Angreifern überfallen. Dabei verlor ein junger Mann durch einen Schuss mit einer Druckluftpistole ein Auge, eine junge Frau wurde mit einem Baseballschläger verletzt. (Mehr Informationen)
Eskalierende Stimmung
Der Überfall ist das Ergebnis der eskalierenden homophoben Stimmung in Russland, die durch das Gesetz gegen „Homo-Propaganda“ der Putin-Regierung ausgelöst wurde. Schwule, Lesben, Bisexuelle und transident lebende Menschen sind ihres Lebens nicht mehr sicher, immer wieder kommt es zu Gewalt.
Gerade im Oktober hat eine Delegation von Deutscher AIDS-Hilfe, der Schwulenberatung Berlin und der ZIK – zuhause im Kiez gGmbH genau die wöchentliche Café-Veranstaltung namens „Regenbogen-Café“ besucht, die nun angegriffen wurde (siehe Interview im Blog der Deutschen AIDS-Hilfe).
Mit Bestürzung haben wir heute die Nachricht von den Hassverbrechen gegen unsere Freunde und Partner in der HIV-Präventionsarbeit erhalten. Die genannten Organisationen und die Berliner Aids-Hilfe solidarisieren sich mit den Opfern von homophober Gewalt in Russland und fordern eine Aufhebung der diskriminierenden Gesetzgebung.
Diskriminierung macht auch HIV-Prävention unmöglich
Dazu sagt Carsten Schatz, Mitglied im Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe: „Die Menschenrechte von Menschen, die nicht der heterosexuellen Norm entsprechen, werden von der russischen Regierung und Teilen der russischen Gesellschaft mit Füßen getreten. Unter diesen Bedingungen ist auch HIV-Prävention so gut wie unmöglich. Homophobie tötet! Wir dürfen die Opfer der Gewalt und die demokratischen Kräfte in Russland jetzt nicht alleine lassen. Politik und Wirtschaft demokratischer Länder stehen in der Pflicht, gegenüber der russischen Regierung klar Position zu beziehen – auch mit Blick auf die bevorstehenden olympischen Winterspiele in Sochi.“
Gesetzliche Diskriminierung beenden!
Marcel de Groot, Geschäftsführer der Schwulenberatung Berlin, erklärt: „Für die Gewalttaten sind auch Politiker und religiöse Führer verantwortlich, die den Hass aufgrund sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität schüren. Die Anti-,Homopropaganda‘-Gesetzgebung muss sofort abgeschafft werden, stattdessen muss Gewalt gegen Minderheiten als Hassverbrechen geahndet werden. Statt diskriminierender Gesetze braucht Russland ein Antidiskriminierungsgesetz!“
Christian Thomes, Geschäftsführer der ZIK ergänzt: „Die Gesetzgebung und die Stigmatisierung erschweren und verhindern den Zugang HIV-infizierter Menschen zum Gesundheitswesen und zu einer angemessenen Behandlung. Eine spezielle Beratung für Zielgruppen wie schwule Männer ist fast unmöglich. Die oft hoffnungslose Situation der Betroffenen kann nur durch eine diskriminierungsfreie Versorgung nachhaltig verbessert werden.“
Hohe HIV-Infektionszahlen
Nach offiziellen Berichten leben in St. Petersburg 55.000 Menschen mit HIV, etwa 1 Prozent der Bevölkerung. Inoffizielle Schätzungen liegen erheblich höher. Schwule und andere Männer, die Sex mit Männern haben, sind in diesen Schätzungen deutlich unterrepräsentiert, da sich viele aufgrund der homophoben Stimmung und Gesetzeslage bei der Diagnose nicht outen.
Seit Juni 2013 gilt in Russland ein landesweites Gesetz gegen sogenannte „Homopropaganda“, welches jegliche Aufklärung und Information zu Homosexualität in der Öffentlichkeit verbietet.
Die Deutsche AIDS-Hilfe ist der Dachverband von 120 Aidshilfe-Organisationen in Deutschland. Die Schwulenberatung Berlin gGmbH bietet ein umfangreiches psychosoziales Angebot für schwule Männer, transident lebende Menschen und Menschen mit HIV/Aids an. Die ZIK gGmbH ist ein Wohnprojekt für Menschen mit HIV/Aids oder chronischer Hepatitis C. Die Berliner Aids-Hilfe berät und unterstützt Menschen mit HIV und ist in der HIV-Prävention aktiv.